Die im Kern spätromanische, heute evangelische Pfarrkirche St. Ulrich in Schützingen (Nordwürttemberg) wurde im Jahr 1023 erstmals urkundlich erwähnt. Der Chor der ursprünglichen Wehrkirche stammt aus der Zeit vor 1300, seine Wände und Decken sind mit Malereien aus der Zeit um 1300 verziert. Damit haben wir für ganz Baden-Württemberg die älteste Wandmalerei des Himmlischen Jerusalem vor uns, die zudem exzellent erhalten ist (für den Enzkreis sind es sogar die ältesten Malereien überhaupt). Umso erstaunlicher ist es, dass es so gut wie keine neuere Fachliteratur weder zu dem Bau noch zu den Malereien gibt. Vermutlich liegt es auch daran, dass die mittelalterlichen Bilder 1882 durch Professor Hans von Kolb (1845-1928) entdeckt, freigelegt und restauriert wurden, der vermutlich freie Ergänzungen und Übermalungen hinzufügte, was man nicht als fachgerecht, sondern als Verfremdung betrachtete. Spätere Restaurierungen 1948, 1982/1983 und erneut 2023 versuchten, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.
Es handelt sich bei der Ulrichskirche um eine Seccomalerei, die direkt auf den trockenen Putz aufgetragen wurde, wobei der trockenen Farbe ein Bindemittel zugemischt wurde. Es sind einfache Malereien in hellen Farben, die sich auf das Erzählen biblischer wie außerbiblischer Szenen konzentrieren, ohne viel Ausschmückung, Beiwerk oder Hintergrundornamentierung. Nicht alle Bildfelder haben sich erhalten, darunter jedoch eine Darstellung der sterbenden, auf Kissen gebetteten Muttergottes und im Kreuzrippengewölbe des Chores die vier Evangelisten vor einem sternenübersäten blauen Hintergrund. Im östlichen Chorbereich wurden Malereien durch das später vergrößerte Biforienfenster zerstört, so ist ein Teil der Petrusfigur unten rechts verloren gegangen.
Die heutige Wand besteht aus drei Bildzonen, von denen die mittlere Zone Architekturen des Himmlischen Jerusalem vorbehalten ist. Links ist vor der Stadt eine offene, rechts eine geschlossene Himmelspforte gesetzt, angelehnt an römische Mosaikdarstellungen, etwa aus Santa Maria Maggiore. In der obersten Zone erscheinen rechteckige Kisten, auf denen Menschen zu stehen scheinen – es handelt sich nicht um eine weitere Stadtdarstellung, sondern um eine Szene der Auferstehung, bei der die Toten aus den Gräbern zum Gericht gerufen werden. Engel mit Posaunen und Christus als Richter auf dem Regenbogen komplettieren dieses klassische Bildprogramm, welches vor allem auch von Miniaturen her bekannt war.
Mathias Köhler: Die Wandmalereien im Chor der Schützinger Ulrichskirche, in: Der Enzkreis, Jahrbuch 1987/88, S. 55-60.
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