Bei dem Kunstwerk handelt es sich um eine goldgerahmte Carte-de-visite-Illustration, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hergestellt wurde. Mit „Carte de Visite“ bezeichnet man eine auf Karton fixierte Illustration im Format von ca. 6 × 9 Zentimeter. Dieses Format hatte den Namen „Visite“, was dann auf die Karte übertragen wurde. Ursprünglich handelte es sich um auf Karton aufgezogene Papierkopien von Kollodium-Nassplatten-Negativen, doch ab 1864 kam mit Uran-Kollodium überzogenes Papier zum Einsatz, was die Herstellungskosten erheblich verringerte. Carte-de-visite-Fotografien wurden zu preiswerten Massenprodukten. Die schwarzweiße „Carte de Visite“ wurde in bürgerlichen Kreisen sehr populär und trug wesentlich zur Verbreitung der Fotografie bei. Nach 1915 ist sie nur noch vereinzelt zu finden. In der historischen Literatur findet man auch Begriffe wie Visitkarte und Visitkarton, wobei das französische Wort „Visite“ in Verbindung mit einem deutschen Wort verwendet wurde. Künstler oder Künstlerinnen sind auf diesen Karten so gut wie nie genannt.
Das vorliegende Beispiel stammt aus Italien. Es trägt die Seriennummer 1006 und wurde um 1880 im katholischen Raum vertrieben. Links oben steht auf Latein „Castitas Paupertas Obcedientia“, rechts unten: „Janua Coeli aperietur tibi“, also auf Deutsch „Keuschheit, Armut, Gehorsam“ (die Mönchsgelübde) sowie „Die Himmelspforte werde ich Dir öffnen“. Die Himmelspforte ist neben den beiden Figuren rechts ganz schwach angedeutet, ohne irgendwelche Verzierungen, eigentlich ist es lediglich ein offener Halbbogen über zwei Stufen als Fundament.
Mit einem religiösen Motiv gehört das Objekt zur Gruppe der heiligen Karten. Mit dieser Karte wurde zum Beitritt in einen Frauenorden geworben, vermutlich in den der Karmelitinnen (Ordo Carmelitarum). Die Himmelspforte ist hier auch die Klosterpforte, und wie das Himmlische Jerusalem im Jenseits schützt, so ist im Diesseits das Kloster ein Ort des Schutzes, was er rechtlich auch tatsächlich viele Jahrhunderte gewesen war.