Das niedersächsische Landesmuseum in Hannover besitzt einen kolorierten Schnitzaltar, der aus Saalfeld im südlichen Thüringen stammt. Es ist nicht bekannt, in welchem Kloster oder in welcher Kirche er sich dort einst befand, es kann auch ein adeliger Besitz in einer Burgkapelle gewesen sein. In Frage kommt die städtische Johanneskirche im Umkreis des Gottwald von Lohr. Gesichert ist, dass der Altar um 1475 entstanden sein muss. Das zentrale Relief, umgeben von Heiligenskulpturen, zeigt ein Weltgericht mit den gängigen, traditionellen Motiven. Ganz unten links wurde auch eine Himmelspforte eingefügt, als Rundbogentor, welches im oberen Bereich vergoldet ist. Darunter wurde ein Schloss und Beschlagwerk hinzugefügt, um anzuzeigen, dass diese Pforte noch verschlossen ist. Der Eingang in das Himmlische Jerusalem ist hier so bescheiden wie selten dargestellt, vielleicht unter Ausnahme des Zwölfbotenaltars aus Rothenburg ob der Tauber oder des Trammer Altars aus Lübeck, die beide zu ähnlicher Zeit entstanden waren.
Im Kontrast zu der einfachen Pforte steht der prächtig gekleidete Papst samt Tiara, der sich offensichtlich nach vorne drängt und von Petrus zur Seite gewiesen wird, um den fast nackten Betenden den Vortritt zu gewährend. Diese Person wird zusätzlich durch den Engel rechts betont, die der Figur unter den Arm gegriffen hat, als wolle sie motivieren, in die Pforte einzutreten. Im 15. Jahrhundert wird übrigens kein römischer Papst zu Lebzeiten durch eine solch einfache und niedrige Pforte getreten sein, die es sogar erforderlich gemacht hätte, dass ein Papst sich zu bücken hätte oder seine prächtige Tiara hätte abnehmen müssen. Die Kostbarkeiten des Papstes sind so detailliert wiedergegeben worden, dass man darin schon wieder eine Kritik am Reichtum der Kirche sehen könnte. Auch andere Figuren, vor allem ihre Gesichtszüge und ihre Bekleidung, sind äußerst gekonnt und fein herausgearbeitet, zudem hervorragend erhalten. Dies ist vor allem deswegen bemerkenswert, weil damals der Altarbereich durch einen Lettner von der Gemeinde getrennt war, die solche Kunstwerke aus nächster Nähe kaum zu Gesicht bekamen.
Gert von der Osten: Katalog der Bildwerke in der Landesgalerie Hannover, München 1957.
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