Im Zeitraum von 1652 bis zum Jahr 1666 wurde die Erzengel-Michael-Kathedrale des Moskauer Kremls innen und außen neu bemalt. Beteiligt waren einheimische russische Meister aus Jaroslawl, Kostroma oder aus Weliki Nowgorod, aber auch Ikonenmaler der zarenhofeigenen Rüstkammer. Ergänzt wurden die Innenfresken durch weitere Fassadenmalereien über dem westlichen Eingangsportal, die das Jüngste Gericht zum Thema haben. Anlass dieses Themas, das eng mit der Auferstehung und Hoffnung nach dem Tod verknüpft ist, war, dass der Bau eigentlich eine Grabeskirche (bzw. nach russisch-orthodoxem Sprachgebrauch Auferstehungskirche) ist, da hier fast alle russischen Zaren vor Peter dem Großen bestattet sind.
Die Jahrhunderte, der russische Winter, die russische Revolution, der Kommunismus, der Zweite Weltkrieg und die Umweltverschmutzung haben der Malerei schwer zugesetzt. Welche Farbenpracht hier einmal herrschte, zeigt ein Blick auf die Fresken der Kirche zum Propheten Elias in Jaroslawl, wenige Jahre später entstanden.
Nachdem der gesamte Moskauer Kreml 1990 in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen wurde, waren Renovierungen finanziell möglich. So kann man heute wieder die Komposition der ursprünglichen Malerei erkennen: Das Himmlische Jerusalem an der linken Seite ist als Torszene gestaltet. Vor dem Tor mit auskragendem Giebel, der an den Glockenturm einer russisch-orthodoxen Kirche angelehnt ist, steht vermutlich Petrus auf einer roten Stufe leicht erhöht. Vor ihm stehen Heilige, die man an ihren Gloriolen und kostbaren Gewändern erkennen kann. Sie alle drängen in Richtung der schützenden Stadt, wo die Petrusfigur gerade die goldfarbene Pforte aufschließt. Über der Gruppe schweben vor blauem Hintergrund zwei Engel.
Hubert Faensen, Klaus G. Beyer: Kirchen im Moskauer Kreml, Berlin 1980.
V. V. Kavelmacher: O pridelach Archangelʹskogo sobora, Moskau 2002.
Claus Bernet: Denkmalschutz, Denkmalpflege und UNESCO-Weltkulturerbe, Norderstedt 2020 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 47).