Die römisch-katholische Hallenkirche St. Pankratius in Anröchte nahe Soest besitzt in einer Seitenkapelle ein Chorfenster, welches drei Szenen aus der Offenbarung des Johannes vereint. Unten versammelt sich das Gottesvolk der Erlösten, in der Mitte breiten sich der Baum des Lebens und der Strom des Lebens aus, und ganz oben thront das Himmlische Jerusalem. Die Arbeit in überwiegend blauem und rotem Antikglas, Blei und Schwarzlot stammt von dem bekannten Glaskünstler Franz Pauli (1927-1970), welcher sie im Jahr 1968 für das Bistum Paderborn geschaffen hat. Die drei Szenen sind jeweils in einem Tondo gefasst, die durch schwarzweiße Bahnen nach oben und mit den Seiten des Fensters verbunden sind. Ganz oben stehen in einem weißen Kreis drei offene Rundbogentore, die im Scheitel wiederum je einen Kreis aufweisen – die Perlen der Stadt oder architektonische Schmuckelemente. Darüber ragen vier Dreiecksgiebel und eine zentrale Kuppel aus dem Stadtinneren über die Mauern. Ungewöhnlich ist die schwarze Bruchstelle, die das mittlere Tor von unten nach oben durchzieht und das Kunstwerk in mehrere Teile trennt. Vielleicht wollte Pauli absichtlich andeuten, dass wir das Himmlische Jerusalem heute weder klar noch in seiner Gänze sehen können, vielleicht ist der Riss bei der Herstellung entstanden. Auch an der linken oberen Ecke der drei Tore zeigt sich, dass der Bau nicht harmonisch gedacht ist, sondern Brüche und Rücksprünge hat. Eine wackelige Ruine als Repräsentation der himmlischen Stadt? Gerne würde man Pauli zu seiner merkwürdigen Darstellungsweise befragen, die so ganz anders aussieht als auf den übrigen Arbeiten des Künstlers zum Neuen Jerusalem, etwa in der Abtei Brauweiler, in der Elisabethkirche Ahlen oder in St. Martin in Meinerzhagen.
Ursula Quednau (Bearb.): Dehio-Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Nordrhein-Westfalen, 2: Westfalen, Berlin 2011.
Claus Bernet: Kirchenfenster und Glasarbeiten, Teil 3, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 26).
Rudi Fischer: St.-Pankratius-Kirche Anröchte. Vor 125 Jahren wurde der Erweiterungsanbau vollendet, in: Heimatblätter, Lippstadt, 100, 2020, S. 149-151.