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Jüngstes Gericht aus Antwerpen (um 1490)

„Das Jüngste Gericht mit den sieben Werken der Barmherzigkeit und den sieben Todsünden“, so der Titel, entstand um 1490 und soll in Antwerpen hergestellt worden sein. Es ist heute ein Meisterwerk der Sammlung des Openbaar Centrum voor Maatschapelijk Welzijn van Antwerpen (Inventarnummer 134). Der Kompositionsaufbau des hier abgebildeten Ausschnitts (linke obere Seite des Kunstwerks) weicht nicht sonderlich von älteren Darstellungen ab, die bittende Mutter Gottes in ihrem prächtigen blauen Gewand gehört ebenso zum Standardrepertoire wie der demonstrativ erhobene Schlüssel zu Petrus vor der Pforte. Der Wimperg über der Pforte ist mit drei Rubinen außerordentlich kostbar ausgestaltet – eigentlich sind die Edelsteine das Fundament der Stadt, hier haben sie einmal eine andere Position. Auch an weiterer Stelle legte der Meister, den wir namentlich leider nicht kennen, Wert auf das Detail: Im Inneren der Pforte sieht man noch die Ansätze eines gotischen Gewölbes. Auf dem Weg dorthin müssen zahlreiche profilierte Treppen nach oben gestiegen werden. Vor der Pforte ist in den Boden ein Mosaik mit Schachbrettmuster eingelassen. Petrus steht auf drei weit nach vorne gebogenen Stufen oder Fundamentebenen. Zu seinen Seiten stehen nackte Männer und Frauen. Es sind extrem schlanke, junge Personen, wie wir es etwa auch von der Malerei des „Meisters der Blumenornamentik“ (um 1470) her kennen. Diese Darstellungsweise entsprach dem mittelalterlichen Schönheitsideal und dem ewigen Wunsch nach Jugend. Gleichzeitig schwingt die Idee mit, dass man nicht als zahnloser Greis aus dem Grab aufersteht, sondern in seinem besten (körperlichen) Alter. Die Personen sind nur an ihrer Haartracht zu unterscheiden, es wurde darauf verzichtet, sie als Vertreter der Stände darzustellen. Der Mann links vorne ist anhand seiner Tonsur als Mönch ausgewiesen, welchem Orden er aber konkret angehört, bleibt jetzt ein Geheimnis. 

Maurits Smeyers: De zeven werken van barmhartigheid en de zeven sacramenten, in: Arca Lovaniensis, 18, 1989, S. 143-170.
Lust und Laster, hrsg. Kunstmuseum Bern und Zentrum Paul Klee, Ostfildern 2010.

 

tags: Weltgericht, Todsünde, Antwerpen, Wimperg, Mönch, Openbaar Centrum voor Maatschapelijk Welzijn van Antwerpen
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