Meister der Blumenornamentik (um 1490)

Von dem sogenannten „Meister der Blumenornamentik“ ist diese um 1490 entstandene Torszene auf einem Weltgericht geschaffen worden, das einem oberrheinischen Meisters zugeschrieben wurde und sich heute im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg befindet (Gm 110; Leihgabe der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen). Ungewöhnlich und mir von keinem anderen Werk bekannt ist die Doppelung der Tore, die rundbogig und mit Edelstein-Ornamentik verziert sind, während die oberen Partien des Baus in den Wolken verschwinden. Beide Tore scheinen offen zu stehen, unten drängen sich zahlreiche Menschen in den Hintergrund. Mehr kann man von den Personen im Vordergrund erkennen, vor allem deren kostbare Gewänder schienen dem Maler wichtig. Rechts schwenkt ein Engel eine Lilie über die Geretteten – auch dieses Motiv ist eine Besonderheit dieses Ölgemäldes. Unter den Geretteten sind übrigens fast nur Geistliche, aber auch einige Adelige (an den Kronen zu erkennen) und bereits auch einige Bürgerliche.

 

In Oberösterreich hat sich ein ähnliches Werk des Meisters der Blumenornamentik erhalten: Es ist das „Jüngste Gericht“ aus dem Augustinerchorherrenstift St. Florian, das um 1470 unter Salzburger Einfluss entstanden ist. Das Bild zeigt als Eingangstor ein mit feiner Blumenornamentik geziertes rundbogiges Portal, vor dem Petrus die Auserwählten, die mit keuschen Badehosen bekleidet sind, begrüßt. In der Einfachheit der Szene, der Blumenornamentik und der grünen Wiese tritt hier das Motiv des Paradiesgartens wieder in den Vordergrund, das mit dem Himmlischen Jerusalem in einem permanenten Spannungsverhältnis steht. Der obere Rundbogen des Tores ist übrigens nicht etwa unvollendet, sondern von niedrigen Wolken verdeckt. Interessant ist auch das historische Jerusalem im Hintergrund, mit hohen Minarettbauten und einem Wassergraben.

Eberhard Lutze, Eberhard Wiegand: Kataloge des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg: Die Gemälde des 13. bis 16. Jahrhunderts. Text- und Bildband, Leipzig 1936/37.
Christiane Lukatis: Ein verlorenes Weltgerichtsretabel aus dem künstlerischen Umfeld des Jan van Eyck? Mit einem Tafelbild des Germanischen Nationalmuseums auf Spurensuche, in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums, 1992, S. 175-193.
Hans-Georg Gradl (Hrsg.): Am Ende der Tage . Apokalyptische Bilder in Bibel, Kunst, Musik und Literatur, Regensburg 2011.

 

tags: Nürnberg, Mittelfranken, Altargemälde, Gotik, Mittelalter, Oberösterreich
Share:
error: