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Meister der Blumenornamentik (um 1480)

Von dem sogenannten „Meister der Blumenornamentik“ ist diese um 1480 entstandene Torszene auf einem Weltgericht geschaffen worden, das einem oberrheinischen Meisters zugeschrieben wurde und sich heute im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg befindet (Gm 110; Leihgabe der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen). Ungewöhnlich und mir vorher von keinem anderen Werk bekannt ist die Doppelung der Tore (später übernommen auf dem Gerichtsbild von Kalkar), die rundbogig und mit prachtvoller Ornamentik verziert sind, während die oberen Partien des Baus in den Wolken verschwinden. Auf dem Tor finden sich farbige Markierungen, die von weißen Punkten umzogen sind. Diese gaben dem unbekannten Künstler seinen Namen. Dieser wollte jedoch vermutlich keine Blumen darstellen, sondern Edelsteine, die von Perlen umgeben sind, ähnlich, wie bereits die Mauern Jerusalems auf spätantiken Mosaiken dargestellt sind (Santa Cecilia in Trastevere/Rom oder St. Vitalie in Ravenna).
Beide Tore scheinen offen zu stehen, unten drängen sich zahlreiche Menschen in den Hintergrund. Mehr kann man von den Personen im Vordergrund erkennen, vor allem deren kostbare Gewänder schienen dem Maler wichtig. Rechts schwenkt ein Engel eine Lilie über die Geretteten – auch dieses Motiv ist eine Besonderheit dieses Ölgemäldes. Unter den Geretteten sind übrigens fast nur Geistliche, aber auch einige Adelige (an den Kronen zu erkennen) und bereits auch einige Bürgerliche.

In Oberösterreich hat sich ein ähnliches Werk erhalten, welches dem Meisters der Blumenornamentik zugewiesen wird. Es ist das „Jüngste Gericht“ aus dem Augustinerchorherrenstift St. Florian, das um 1480 unter Salzburger Einfluss entstanden sein dürfte. Das Bild zeigt als Eingangstor ein mit feinem silbernen Akanthus geziertes rundbogiges Portal. Vor dem begrüßt Petrus die Auserwählten, die mit keuschen Badehosen bekleidet sind. In der Einfachheit der Szene, des Akanthus und vor allem der grünen Wiese tritt hier das Motiv des Paradiesgartens wieder in den Vordergrund, das mit dem Himmlischen Jerusalem in einem permanenten Spannungsverhältnis steht. Der obere Rundbogen des Tores ist übrigens nicht etwa unvollendet, sondern von niedrigen Wolken verdeckt. Interessant ist auch das historische Jerusalem im Hintergrund, mit hohen Minarettbauten und einem Wassergraben.

Eberhard Lutze, Eberhard Wiegand: Kataloge des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg: Die Gemälde des 13. bis 16. Jahrhunderts. Text- und Bildband, Leipzig 1936/37.
Christiane Lukatis: Ein verlorenes Weltgerichtsretabel aus dem künstlerischen Umfeld des Jan van Eyck? Mit einem Tafelbild des Germanischen Nationalmuseums auf Spurensuche, in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums, 1992, S. 175-193.
Hans-Georg Gradl (Hrsg.): Am Ende der Tage . Apokalyptische Bilder in Bibel, Kunst, Musik und Literatur, Regensburg 2011.

 

tags: Nürnberg, Mittelfranken, Altargemälde, Gotik, Mittelalter, Oberösterreich
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