Im Jahre 1880 gab die Deutsche Evangelische Buch- und Tractatgesellschaft eine gekürzte Version der Schrift „Von dem Himmlischen Jerusalem“ des Johann Meyfart (1590-1642) neu heraus. In dem Heft, das nun den Titel „Das himmlische Jerusalem: Das Leben der Seligen im Himmel“ trägt, wurde als Frontispiz ein Stich verwendet, der schon 1855 bei Breitkopf & Härtel erschienen war (siehe dazu die Datierung unten links). Die Figurenführung und der Szenencharakter verraten eine Ähnlichkeit zu Julius Schnorr von Carolsfeld (1794-1872) wie auch zu dem Künstlerpaar Allgaier und Siegle, die ja in Leipzig ansässig waren, wie ebenfalls der Verlag Breitkopf & Härtel. Obwohl das Paar immer wieder bei Buchdrucken der 1880er Jahre in Erscheinung tritt ist es bislang nicht gelungen, die Künstler hinter diesem Namen (vielleicht ein Pseudonym) zu identifizieren.
Der ganze Stich wird von einer androgynen Person dominiert, die von Engeln in das Himmlische Jerusalem geleitet wird. Geschickt suggeriert ein Rundbogen der Stadt einen Nimbus der zentralen geretteten Seele, die von zahlreichen Engeln begleitet und getragen wird. Die Stadt selbst ist eine gewagte Komposition aus italienischer Festungsarchitektur und byzantinischem Kuppelbau, an den beiden Seiten gerahmt von Palmen. Dort sind unten auch zahlreiche Menschen versammelt. Auf der Mauerkante begrüßen weitere Engel die neu Ankommenden, teilweise wird hier, wie auf mittelalterlichen Darstellungen, musiziert. Sie werden von einem lateinischen Kreuz überragt, welches fast vor der Stadt zu schweben scheint. Wir haben von dem Künstler lediglich das Monogramm unten links, geschickt verwoben mit der Datierung. Leider hat sich bislang noch nicht entschlüsseln lassen, wer N. S. gewesen ist – mit Sicherheit ein erfahrener und akademisch ausgebildeter Illustrator aus Deutschland, möglicherweise Siegle. Über dem Monogramm befindet sich noch ein Mond, der hier keine Bedeutung hat – mglw. ist es eine Art Logo und ein Hinweis auf den Künstler.