Jan Luyken (1649-1712) zählt zu den großen und talentierten niederländischen Künstlern des 17. Jahrhunderts. Selbstverständlich hat er sich auch mit Sakralkunst im allgemeinen und mit dem Himmlischen Jerusalem im besonderen beschäftigt. Sein im Original „Ian Luyken inven et fecit“ signierter Kupferstich hat den Titel „Verlangen na `t Eeuwig Zalig Leven“ („Sehnsucht nach ewigem, gesegnetem Leben“, nach Johannesoffenbarung Kap. 21, Vers 10). Der Stich der Größe 12 x 7 Zentimeter entstand im Jahr 1681 für eine Ausgabe des Neuen Testaments. Man findet ihn als Nummer 24 in „Het Nieuwe Testament ofte alle Boecken des Nieuwen Verbondts onses Heeren Iesu Christi“, gedruckt in Amsterdam bei Hieronymus Sweerts, Jan ten Hoorn, Jan Bouman und Daniel van den Dalen im genannten Jahr (Neuauflage 1720).
Unten zeigt eine gewaltige Rundung die irdische Erde an, gleichzeitig auch die Insel Patmos. Aus dieser Rundung entsprießt nun ein Rosenstrauch. Solches ist mir im Kontext mit der untergehenden, alten Schöpfung nicht bekannt, vielleicht bezieht es sich auf ein niederländisches Sprichwort oder auf ein Epigramm des 17. Jahrhunderts, als solche Epigramme sich ja großer Beliebtheit erfreuten. Auf der Erde betrachten zwei Personen, Johannes und ein Engel, den Himmel. Die Personen wirken bewegt, fast wie Tänzer. Im Himmel über ihnen ist eine Erscheinung nur schwach eingezeichnet, kann aber Dank der Strahlen, die zu dem Objekt führen, leichter gefunden werden. Man sieht zwölf kleine Tore mit Engeln besetzt. In der Stadt dahinter sind zahlreiche Häuser auszumachen, bis zu einem großen unbebauten Platz in der Mitte. Hier findet sich weder ein besonderes Gebäude, noch das Lamm oder der Zionsberg, sondern eine irritierende Leere. Damit ist das Neue Jerusalem relativ unspektakulär gehalten, vergleicht man es mit der opulenten Himmelserscheinung, die Luyken wenige Jahre später, 1687, abliefern sollte. Dem Künstler kam es hier auch weniger auf die Stadt an, sondern auf die radiante Lichterscheinung, die geschickt die vertikale Ausrichtung des Stichs ausfüllt, Dynamik und Bewegung erzeugt, fast wie die Flügel einer Mühle oder die Signale eines Leuchtturms.
Nel Klaversma, Kiki Hannema: Jan en Casper Luyken te boek gesteld. Catalogus van de boekencollectie Van Eeghen in het Amsterdams Historisch Museum, Hilversum 1999.
Hendrik van ‚t Veld: Jan Luyken (1649-1712). Leven en werk in woord en beeld, Apeldoorn 2017.