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Jan Luyken (1649-1712): Kupferstich-Entwurf (1687)

Meister wie Jan Luyken (1649-1712) produzierten nicht nur fertige Arbeiten, die in den Verkauf gingen oder im Buchdruck Verwendung fanden, sondern auch zahlreiche Versuche, Skizzen, Übungen und Entwürfe. Früher bekam man sie kaum zu Gesicht, in den letzten Jahren feierten Kupferstichsammlungen und Auktionshäuser sie wie abgeschlossene Werke. Es gibt inzwischen Fälle, bei denen ein Entwurf einen höheren Preis erzielt als die fertige Arbeit. Das mag zunächst verwundern, doch ein Entwurf kann ein seltenes Unikat sein, der spätere Kupferstich hat sich dann in zahlreichen Drucken erhalten.
Eine Arbeit, die bereits abgeschlossen wirkt und hinter veröffentlichten Kupferstichen von Luyken in keiner Weise zurück steht, zeigt eine Masse von Engeln und geretteter Menschen im Vordergrund. Sie erblicken von Wolken aus das Himmlische Jerusalem im Hintergrund. Dabei haben sie zur Stadt die gleiche Blickrichtung wie der Betrachter, der die Figuren hier überwiegend von hinten sieht. Dennoch ist es dem Künstler gelungen, empathische Stimmungen wie Begeisterung, Staunen und Ehrfurcht einzufangen. Es ist eine Massenszene, wie man sie ansonsten nur noch von vielleicht Jacques Callot (um 1635) her kennt. Viele der Menschen schlagen die Hände über den Kopf zusammen, einige stehen, andere haben sich auf den Boden geworfen, der hier aus aufgetürmten Wolken besteht. Zwischen den Menschenmassen findet man immer wieder Engel, die auf unterschiedlichen Instrumenten wie Tuba, Harfe, Posaune und Laute musizieren. Die Stadt findet sich nicht mittig, sondern oben links. Es ist eine Anlage mit zwölf Toren. Nur eines der Tore, das erste vorne links, ist mit einem Engel besetzt; weitere Engel stehen auf der Mauerkante der Frontseite. Im Inneren sind die Stadtteile mit zahlreichen Reihenhäusern angefüllt. Der Hauptplatz zeigt nicht, wie meist, das Lamm Gottes auf dem Zionsberg, sondern bleibt frei. Unter den Toren fällt das Haupttor durch seine Größe und seinen Schmuck auf, zusätzlich ist es mit einem Kranz von zwölf Strahlen umzogen. Es scheint, als wäre hier nicht jedes Tor mit einer Perle, sondern eines mit zwölf Perlen ausgestattet.
Dieser Kupferstich entstand vermutlich als ein Entwurf für ein sakrales Gemälde oder eine Publikation des Amsterdamer Verlegers David Ruarus. Heute ist das auf das Jahr 1687 datierte Blatt Teil der graphischen Sammlung des Amsterdamer Reichsmuseums.

Piet-Hein van Eeghen, J. Ph. van der Kellen: Het werk van Jan en Casper Luyken, 2. Bdd., Amsterdam 1905.
Claus Bernet: Barock und Rokoko, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 31).
Natasha Seaman, Joanna Woodall: Money matters in European artworks and literature, c. 1400-1750, University Park 2022.

 

tags: Jan Luyken, Kupferstich, Entwurf, Niederlande, Reihenhaus, Musik, Tuba, Harfe, Laute, Reichsmuseum Amsterdam
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