Der Kupferstich „Vera religiosi efigies“ („Enthüllung der wahren Religion“) bezieht sich in allegorischer Form auf ein Werk des englischen Philosophen Francis Bacon (1561-1626). Es ist ein römisch-katholischer Beitrag, der die wahre Religion betrachtete (i.e. die römisch-katholische Kirche). Die Herstellung kann ziemlich genau auf das Jahr 1610 bestimmt werden. Im unteren Teil der nur 22 x 17 Zentimeter kleinen Arbeit wird ein Mönch gekreuzigt. Über dem oberen Balken erhebt sich die göttliche Erlösungssphäre: Hier schweben Engel, und Gottvater segnet die Szenerie. Mittelpunkt ist jedoch eine doppelte Himmelspforte, die hier aus dem oberen Kreuzesarm erwächst, ähnlich wie bei den mittelalterlichem Bildtypus „Lebendes Kreuz“.
Doppelt ist die Pforte deswegen, weil die äußere, klassische Pforte im unteren Bereich eine kleine, unscheinbare zweite Pforte aufweist. Man kennt solche Tore in Toren von Bauernhofscheunen, aber auch von großen Klostertoren, wo ja auch landwirtschaftlich gearbeitet wurde. Die zweite Pforte tritt optisch jedoch kaum in Erscheinung, sie kann auch keinem Stil zugeordnet werden, da sie lediglich mittels einiger vertikaler Linien eingezeichnet wurde.
Außer dem Titel „Vera religiosi efigies“ gibt es bei dem Blatt keine weiteren Beschriftungen; Kupferstecher, Verleger und Entstehungsort bleiben unbekannt. Das Blatt, von dem nur ein Exemplar bekannt ist, wird heute in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel (HAB) aufbewahrt, unter der Inventarnummer 7.1 Geom. (4-1v). Angeblich soll die Grafik aus den Niederlanden stammen, aus dem Umkreis von Adriaen Collaert, andere vermuten eine Beteiligung von Sebastian Schedel (1570-1628), über den der Druck in die Bibliothek kam. Wer immer es auch war: Diese Grafik ist vom Konzept raffiniert und von der Ausführung gekonnt, wie es nur ein Talent aus der ersten Reihe leisten konnte.