Im Baindlkirch (Schwaben) befindet abgelegen sich die kunsthistorisch kaum beachtete römisch-katholische Wallfahrtskirche St. Martin. 1810 war der Augsburger Freskenmaler und Akademiedirektor Johann Joseph Anton Huber (1737-1815) für die umfangreiche Ausmalung der gerade neu erbauten Kirche zuständig. Es ist eine seiner letzten Arbeiten am Übergang vom Spätbarock zum Frühklassizismus.
Das Fresko der Langhausdecke ist eine gewaltige Darstellung des Himmlischen Jerusalem als Scheinarchitektur. Man blickt von unten in die Stadt hinein, also in der Perspektive ähnlich wie bei den Malereien in Son Martegn und in Sant’Alvise in Venedig. Auch in Baindlkirch öffnet im Mittelteil eine steil nach oben strebende aufwendige Säulenarchitektur den Raum in den imaginären Himmel. Dort schweben Heilige und Putti um das Lamm, welches auf dem versiegelten Buch des Lebens thront. Alles wirkt hier leicht und luftig, wie von Musik durchzogen. Dieser Bereich ist noch deutlich Barock, während die umgebende Architektur mit ihren Säulen bereits im Klassizismus gestaltet sind. Drei offene Tore befinden sich an jeder Seite. Sie sind bewacht von Engeln. An den Rändern ist, was selten ist, die Unterseite oder das Fundament der Stadt zu sehen. Hier hat Huber in roter Schriftfarbe die Namen der zwölf jüdischen Stämme eingezeichnet. Daneben fügte er ein seltsames Symbol ein, welches wie ein roter Feuerball, eine Blume oder wie das Rad des Lebens aussieht; auch vor Ort konnte nicht überzeugend geklärt werden, was hier dargestellt ist. Mangels Fachliteratur muss diese Frage also noch offen bleiben.
Bernd Roeck: Geschichte Augsburgs, München 2005,
Maria Anna Schäffler: Chronik von Baindlkirch, Augsburg 1975.
Anne Mischke-Jüngst: ‚Warum in die Ferne schweifen …‘. Kirchenschätze in der Region Poigern, Baindlkirch, Tegernbach, Mittelstetten, Vogach, in: Brucker Blätter, 30, 2016, S. 15-21.
Claus Bernet: Große Künstler, großartige Kunst, Norderstedt 2020 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 48).