Ein in der einschlägigen Fachliteratur weniger bekanntes Weltgerichtsfresko ist in der evangelischen Kirche in Ehningen, ehemals St. Donatus, Afra und Fridolin, zu finden. Die Nordwand des Kirchenschiffs (seitlich zum Altar) beherrscht ein spätgotisches Wandgemälde aus der Zeit von etwa 1400-1450. Es befindet sich genau zwischen zwei Maßwerksfenstern in der oberen Hälfte der Wand und ist eigentlich am besten von der gegenüber liegenden Empore zu sehen. Thema ist das Jüngste Gericht, auf dem in der Mitte gerade die Toten aus den Gräbern kriechen. Wie anderswo auch, ist das Himmlische Jerusalem auf der linken Seite als einfache Torszene mit auf einer Art Balustrade musizierenden Engeln dargestellt. Besonderen Schmuck gibt es nicht, alles ist einheitlich grau-blau. An den Seiten hat die Pforte zwei niedrige Türme, so dass die Anlage auch als Triumphbogen verstanden werden kann. Ungewöhnlich ist ihre enorme Breite, so dass mehrere Gerettete zugleich hindurch gelangen. Die Pforte ist fast vollständig von bewegten Wolkenbändern in rotgelber Färbung umzogen, die wie eine Schutzzone wirken. Oben stehen auf diesem Wolkenband Heilige der Bibel und Kirchengeschichte, links außen mit einem gewaltigen Schlüssel übrigens der Heilige Petrus.
Die Papstfigur mit Tiara und Heiligenschein, die wir in der Pforte finden, wurde selbstverständlich, wie das gesamte Fresko, in der Reformationszeit unter Putz gelegt, was die schwache Pastelltönung der Farben nach der Freilegung zur Folge hatte. Die Konzeption der Malerei lässt auf einen süddeutschen Meister, vermutlich aus dem österreichisch-böhmischen Raum, schließen.
Evangelische Kirchengemeinde Ehningen (Hrsg.): Laßt die Kirche im Dorf. Ehninger Kirche in Wort und Bild, Ehningen 1989.
Rund um die Evangelische Kirche in Ehningen, 30. August 1992, Ehningen 1992.
Alfred Benz: Mein Heimatdorf, Ehningen 2008.
Claus Bernet: Torszenen, Himmelspforten, Porta Coeli, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 11).