Kanzeln wurden immer wieder mit Darstellungen des Weltgerichts geschmückt. Diese standen dann während der Messe und während der Predigt der christlichen Gemeinde vor Augen. Mitunter findet man auf ihnen auch Hinweise auf das Himmlische Jerusalem; man kennt Renaissance-Beispiele aus Quedlinburg, Helmstedt und Wolfenbüttel – offensichtlich waren sie in Mitteldeutschland besonders beliebt. Eine weitere, kaum bekannte Kanzel befindet sich in der römisch-katholischen Kirche Sankt Moritz in Halle an der Saale. Der ansonsten nicht weiter in Erscheinung getretene Kunsthandwerker Zacharias Bogenkranz schuf 1592 aus Sandstein Reliefdarstellungen im Renaissancestil. 500 Reichstaler kostete der Gemeinde das Werk. Für Bogenkranz (gest. vermutl. 1596) war es sein Haupt- und Spätwerk, weitere Arbeiten waren vor allem Epitaphe, so in der Pfarrkirche St. Gotthardt in Brandenburg an der Havel, in der Fleckenkirche St. Nicolai in Seeburg, in der St.-Sixtus-Kirche von Ermsleben.
Auf dem Kanzelrelief in Halle ist auf einer Bildtafel auch die Himmelspforte zu finden. Unter einem Wolkenkranz formen goldene Strahlen ein Himmelstor, durch das unzählige Menschen in die göttliche Stadt strömen. Über und neben der Pforte sind Engel mit vergoldeten Flügeln angebracht. Von der Stadt ist eigentlich lediglich ein vergoldeter Bogen der Torrahmung zu sehen, ansonsten ist die Sicht durch unzählige Menschen versperrt. Sie sind nackt, und hier konnte Bogenkranz also sein Können und sein Wissen der Anatomie zeigen, das ganz auf der Höhe der Zeit war. Eindrucksvoll ist auch der Wolkenkranz, der die Bogenrahmung der Tür nachzeichnet.
Wulf Schadendorf: Die Moritzkirche zu Halle, Berlin 1959.
Bildwerke in der Moritzkirche zu Halle, Leipzig (1987).
Monika Soffner, Gregor Peda: Halle, Moritzkirche, Passau 1994.
Sebastian Schulze: Mitteldeutsche Bildhauer der Renaissance und des Frühbarock, Regensburg 2014.