Paul Weigmann (1923-2009): Glaswand aus St. Martinus in Bedburg-Kaster (1973)
Von außen nicht erkennbar bietet sich den Besuchern in der römisch-katholischen Kirche St. Martinus in Bedburg-Kaster ein prächtiges Bild eines fast fünf mal fünf Meter großen Fensters. Eigentlich kann man kaum von einem Fenster sprechen, es ist vielmehr eine Glaswand aus 25 Einzelfeldern, die Paul Weigmann (1923-2009) 1973 entworfen hat und die von der Firma Oidtmann ausgeführt wurde. Kreisförmig um das Lamm (mit fünf Augen) im Zentrum ist die Stadtmauer Jerusalems gezogen. Hier findet man mittelalterlich anmutende Bauten, welche die glatte Mauer strukturieren. Der vordere Turm ist besonders detailreich gestaltet, mit einer markanten Dachhaube, viele andere Türme sehen dagegen sehr einfach aus, fast wie Ruinen. Um die Stadtmauer sind weiße Wolken gesetzt, in die hellgrüne Kreise gelegt sind. Hier ist nicht klar, was dargestellt sein soll. Weigmann betonte, dass für ihn der Reiz dieses Fensters aus dem Wechsel von figürlichen zu abstrakten Elementen bestehe. 1973 hat er zeitgleich an dem Fenster für die Kirche Heilig-Kreuz in Darscheid gearbeitet, wo er ebenfalls das Neue Jerusalem zeigt, und auch dort findet man diese Kreise. Um die Bildmitte zieht sich ein großes Band, in das zahlreiche Bauten eingesetzt sind, Tore, Türme, Wohnbauten, Kirchen – es ist unsere (westliche) Welt, die hier zur Darstellung kommt. Vor allem sind es Bauten des ehemaligen Ortes Morken-Harff, der dem Braunkohletagebau weichen musste, und dem neuen Umsiedlungsort Kaster.
Eines der bunten, kunstvoll gestalteten Fensterstücke musste zwischenzeitlich durch eine herkömmliche Glasscheibe ersetzt werden (Mitte des unteren Randes, bzw. dritte Reihe von unten), da beim Fußballspielen Messdiener den Ball versehentlich durch das Fenster geschossen hatten. Man hat zunächst ausdrücklich darauf verzichtet, diesen Schaden zu beheben, sondern wollte bei der Glaswand nicht Spuren kaschieren. Glücklicherweise waren in diesem unteren Fensterbereich keine der dargestellten figürlichen Details verloren gegangen, so dass der ursprüngliche Eindruck erhalten blieb. Bei meinem ersten Besuch 2010 war diese Schadensstelle noch zu sehen, doch bei meinem zweiten Besuch 2022 war das Fenster dann doch hervorragend repariert bzw. rekonstruiert, dass man den Schaden nicht mehr sehen kann. Nach Veränderungen in der Zusammensetzung des Gemeinderats war man überein gekommen, das Fenster wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen, zumal man noch auf die Originalpläne Weigmanns sowie hochauflösende Aufnahmen des Fensters zurückgreifen konnte.
Paul Weigmann: Glasmalerei aus dem rheinischen Raum, Leverkusen 1983.
Claus Bernet: Kirchenfenster und Glasarbeiten, Norderstedt 2013 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 6).