
Roland Friedrichsen (1910-1992): Relieftafel aus St. Theresia vom Kinde Jesu in Oberhausen-Walsumermark
Die Tage der römisch-katholischen Kirche in Oberhausen-Walsumermark (Ruhrgebiet) sind gewissermaßen gezählt, nachdem 2020 der Bischof von Essen die Schließung dieser Kirche in Aussicht gestellt hat. Das überrascht, denn von 1965 bis 2014 hat sich die Zahl der Gemeindemitglieder, entgegengesetzt zum allgemeinen Trend in Deutschland, hier mehr als verdoppelt und noch 2006 erhielt die Kirche eine neue Orgel. Was zukünftig mit dem Komplex bestehend aus Kirche, Pfarrheim, Kindergarten, Pastorat und Wohnungen geschehen soll, ist, wie stets in solchen Fällen, unklar – jedenfalls besteht derzeit noch die Möglichkeit, in Walsumermark ein einzigartiges, unverändertes Ensemble im Stil der 1970er Jahre zu erleben.
Betritt man den Raum der Kirche mit dem ungewöhnlichen Namen St. Theresia vom Kinde Jesu (nach der Ordensschwester Therese von Lisieux), so wird dieser von einer unverputzten fünf Meter hohen weiß-grauen Mauer aus Klinkersteinen dominiert. Die Wand kragt an beiden Seiten aus und umfängt wie ein Schutzmantel die versammelte Gemeinde. An der rechten Seite ist eine Bildhauerei eingesetzt, die wiederum das Motiv Stein thematisiert. Im Material und in der Farbgebung passt sich das Relief an seinen Träger an.
Gezeigt werden auf der 150 Zentimeter langen Platte aus Terrakotta die Mauern und zwölf Tore der Stadt Jerusalem im apokalyptischen Kontext, denn in der Mitte steht das Lamm Gottes auf dem versiegelten Buch des Lebens. Seine Gloriole überstrahlt die weiteren Häuser im Hintergrund. Unter einem der Tore rechts ist das Kunstwerk datiert und signiert, es handelt sich um eine Arbeit aus dem Jahr 1975, die der Bildhauer und Glaskünstler Roland Friedrichsen (1910-1992) in enger Kooperation mit den Architekten Josef Funke und Ernst Craemer umsetzte.
Friedrichsen, ursprünglich aus Greifswald, lebte zu diesem Zeitpunkt in München und beschäftige sich mit der archaischen Kunst des Vorderen Orients, vornehmlich der Hochkultur Mesopotamiens, wozu er mehrfach Reisen nach Syrien, den Irak, Jordanien und Israel unternahm. Diese Beschäftigung hat sich auch in der Gestaltung der Reliefplatten niedergeschlagen. Sein Beitrag für St. Theresia gehört zu seinem Spätwerk, es ist eine seiner letzten größeren Arbeiten. Das Motiv Jerusalem nimmt hier Bezug auf die umliegenden Werke, wie etwa das Kreuz mit der hängenden Christusfigur. In den vergoldeten Hintergrund wurden Äste und Blätter des Lebensbaums eingearbeitet. Blickt man weiter nach links, findet man eine zweite Tafel, die zeitgleich von Friedrichsen gestaltet wurde. Hier werden die Werke der Barmherzigkeit gezeigt, die immer wieder in Bezug zum Neuen Jerusalem gesetzt wurden, hier mit folgender Aussage: Wer die christliche Nächstenliebe praktiziert (links) und an Christus glaubt (Mitte), der erhält das ewige Leben und darf in das Himmlische Jerusalem einziehen (rechts).
Wolfgang Braunfels, Peter Beckmann: Roland Friederichsen, Künstler und Werk, St. Ottilien 1986.
Hans-Werner Hegh: Gemeindekirche St. Theresia vom Kinde Jesu, 1975-2015, Dinslaken 2015.