
Auch Südkorea hat seine Ausgabe von Pilgrim’s Progress des englischen Erfolgsautors John Bunyan. Die mit zahlreichen Schwarzweiß-Abbildungen versehene Ausgabe erschien 1993 bei Moon Jin Dang Co. Bedauerlicherweise ist auch hier, wie bei vielen außereuropäischen Drucken, der Künstler oder die Künstlerin namentlich nicht angegeben, vielleicht waren es auch mehrere. Zunächst bringt Seite 27 neben zwei Tannen ein mitteleuropäisches Tor im Burgenstil, wobei die Himmelspforte pars pro toto für das Neue Jerusalem steht (oben).
Seite 134 und 135 zeigen eine Schlossanlage auf Wolken, ebenfalls im Burgenstil. Beide Male deutet eine Gloriole die Heiligkeit der Stadt an, die ansonsten keine typisch christlichen Merkmale zeigt (wie etwa das Gotteslamm oder Engel). Die zweite, breitere Illustration ist im Prinzip eine Vergrößerung oder ein Näherrücken der ersten. Ungewöhnlich und von keiner weiteren Illustration bekannt ist das breite Nebelband, welches hier Teile der Stadt verschleiert. Neu hinzugekommen sind die Sterne, mit denen die Stadtmauer wie auch der Hintergrund jetzt verziert sind.
Die dann folgende Seite 137 bringt die Schlossanlage ein drittes Mal, ebenso die Seite 142. Langsam kennt man die Anlage und versteht das Prinzip: Es kommt auf serielle Wiederholung an, denn es ist einfach und kostengünstig, die einmal gefundene Lösung zu reproduzieren, die Größe zu verändern oder verschiedene Personen vor die Stadt zu setzen.
Seite 143 ist ein gewisser Einschub, hier kehrt die weiterhin verschlossene Himmelspforte von S. 27 wieder zurück. Der Pilger mit dem Rucksack scheint inzwischen eingelassen worden zu sein, jetzt warten vor dem Tor vier weitere Personen. Die Grafik hat eine dienende Funktion, sie präsentiert oben einen Teil des Textes, also ähnlich wie ein Comic.
Seite 146 bringt die Burganlage gleich zwei Mal: zunächst oben aus der Ferne (links), und dann unten nochmals aus der Nähe. Links zeigt sich der Lebensweg mit dem Ziel des Neuen Jerusalem. Kurioser Weise wurden hier die Sterne durch Noten ersetzt – letztmalig hat es so etwas auf einem Weltgericht von 1504 gegeben. Bei beiden Illustrationen wird die Pilgerfigur wieder bedeutsamer, die zuvor bildlich keine Rolle spielte. Sie hat asiatische Gesichtszüge, was auf einen Zeichner aus Korea selbst hinweist, der auf solche Details Rücksicht nahm. Die letzte Illustration ähnelt der von Seite 27, mit einem entscheiden Unterschied: Seite 27 zeigt die Himmelspforte, nach deren Durchschreiten die Geschichte weiter geht, Seite 146 zeigt das Tor in das Himmlische Jerusalem, mit dessen Durchschreiten die Geschichte endet.
Claus Bernet: ‚The Pilgrim’s Progress‘ von John Bunyan, Norderstedt 2016 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 24, 2).