Serge Mercerat: Apokalypsezyklus (1998)

In den Jahren vor der Wende vom zweiten ins dritte Jahrtausend hatten apokalyptische Themen Konjunktur, auch malerische und zeichnerische Zyklen zur Apokalypse entstanden wieder. Die folgende Serie ist ein Beleg für diese millenaristische Stimmung in religiösen Kreisen jener Jahre. Serge Mercerat erarbeitete zwischen 1993 und 1998 einen Apokalypsezyklus, der aus Acrylgemälden auf Sperrholzplatten besteht. 49 Tafeln sind so entstanden, bei denen überwiegend links eine Illustration und rechts der entsprechende Text aus der Johannesoffenbarung in Französisch gegenübergestellt ist.
Das vorletzte Gemälde – entstanden im Jahr 1998 – zeigt auf 60 x 40 Zentimeter Größe einen durchsichtigen Würfel, der durch leuchtende, helle Farben etwas Warmes transportiert und an Illustrationen aus Kinderbüchern erinnert. In der Stadt sind viele biblische Jerusalems-Elemente zu sehen, wie das Edelsteinfundament, die zwölf Perlen, die Wächterengel, das Lamm Gottes auf dem Thron und der blaue Lebensfluss, der sich außerhalb des Würfels unten in der violetten Landschaft fortsetzt. Dort stehen rechts zwei kleine Figuren: der Seher Johannes und sein Begleiter, der Engel mit einem Maßstab, um die Stadt zu vermessen. Sie beide sind von der Erscheinung noch durch eine goldfarbene Gloriole getrennt, deren Zacken den gesamten Kubus einfassen und wie eine Sonne erstrahlen lassen.
Serge Mercerat besuchte in Genf von 1973 bis 1978 die Kunsthochschule und war anschließend vor allem in der sakralen Kunst tätig, jenseits des etablierten Kunstbetriebs. Beruflich war er ein Vierteljahrhundert in einer Bibliothek angestellt. Seine Tafeln der Apokalypse waren sein vielleicht größter Erfolg, sie wurden bislang in Cologny, Aigle, Lavigny und La Sarraz gezeigt.

Claus Bernet: Neues Jerusalem in Österreich, der Schweiz und der Alpenregion. Ein Kunstreiseführer, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 18).

 

Beitragsbild: Edi Kammermann

tags: Kubus, Apokalypsezyklus
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