Wil Laponder (1917-2005): Jerusalems-Illustrationen und Jerusalems-Interpretationen (1970-1990)

Eine Serie von Farbzeichnung ist von Wil Laponder (1917-2005), gebürtig aus Holland, die seit 1953 in Südafrika lebte. Grund des Umzuges war damals der Glaube, dass durch Mission in Südafrika das Land möglicherweise vom Erdbeben, welches in der Apokalypse angekündigt wird, verschont bliebe – zu diesem Erdbeben ist es zeitlebens von Laponder aber nicht gekommen. In ihrem Zentrum „De ark“ in Pretoria sollen über dreißig Jahre hinweg Menschen geheilt worden sein. 2005 verstarb Wil Laponder, die auch einige Zeichnungen hinterlassen hat. Oftmals sind sie mit dem Kürzel „WL“ signiert, das gleichzeitig für ihren Namen wie für „God’s Will and Love“ steht. Die Werke sind jedoch nicht datiert, und es ist unmöglich, zu sagen, ob sie in den 1970er, 1980er oder 1990er Jahren entstanden sind. Für ihre Anhänger waren dies gemalte Worte Gottes, die gleichberechtigt neben der Bibel stehen und diese verdeutlichen. Sie sind nicht allein oder nicht an erster Stelle als künstlerische Zeugnisse zu verstehen, sondern als Illustration zu den Texten von Laponder, die nach ihrem Tode sukzessive in Buchform gebracht wurden. In ihnen wird eines deutlich: Das Himmlische Jerusalem war nicht nur ein wesentlicher Bestandteil ihrer Lehre, sondern es wurde auch graphisch prominent umgesetzt. Für eine Predigerin ohne künstlerische Ausbildung sind die Zeichnungen von überraschender Vielfalt und dokumentieren das außergewöhnliche Talent von Laponder.
Illustrationen mit dem Himmlischen Jerusalem finden sich in drei Serien, zunächst in der Serie: „Lasst dort Licht sein“ (oben). In das Segment des oberen Abschluss von „Die Zeichen der Rückkehr Christi“ ist das Neue Jerusalem gesetzt, mit dem Edelsteinfundament und drei Toren, in denen helle Engelsfiguren stehen. Diese Art der Darstellung wurde später noch öfters aufgenommen.

Hauptthema ist die Stadt auch in „Das Neue Jerusalem“. Zahlreiche konzentrische Kreise, Schraffuren und kräftigere Linien strukturieren die Oberfläche mit drei Bildmotiven. Unten befindet sich der blaue Planet. Größtenteils ist er bereits vom Himmlischen Jerusalem überdeckt, durch dessen tiefe Position wir gut in das Innere der Stadt sehen können. Im Zentrum: der Baum des Lebens. Über der Stadt, und durch Linien mit ihr verbunden, schwebt ein menschliches Herz.

„Christus, das Licht des Neuen Jerusalem“ ist das letzte Bild dieser ersten Serie mit einer Wiedergabe der Stadt, ähnlich wie auf „Die Zeichen der Rückkehr Christi“. Allerdings haben die Engel die Tore verlassen und sind in die Stadt gerückt. Über der schwebt eine goldene Sonne, in Bezug zu der grünen Erde unter der Stadt. Auch hier ist das Muster der violetten Oberfläche, deren ineinander verbandelten Linien an ein Textilwerk erinnern, beeindruckend.

Es geht weiter mit der Serie „Visionen der Sonne von Alpha und Omega“, in der das Neue Jerusalem auf „Die Kristallsonne des Neuen Jerusalem“ gezeigt wird. Im untere Bereich liegen jeweils drei Menschen flach auf dem Boden (sie stehen sinnbildhaft für die Erde); wie ein Keil fügt sich das Neue Jerusalem in ihre Körper ein. Das Edelsteinfundament ist oben mit großen Perlen besetzt, von denen konzentrische Kreise mit einem Kristall in der Mitte ausgehen. Auch hier ist die geometrische Oberflächenstruktur gekonnt in Szene gesetzt, jedoch mit einem breiteren Pinsel schneller und impulsiver als auf den Arbeiten zuvor.

Die meisten Illustrationen bringt die „Galerie Gottes“, also die letzte der drei Serien. Zunächst erscheint das Himmlische Jerusalem im oberen Feld der beiden Bilder „Der Schüler Johannes und die Offenbarung“ (links) sowie „Die Synagoge in Jerusalem“ (rechts), ganz ähnlich wie auf dem ersten Beispiel, also „Lasst dort Licht sein“. Ein fester Kanon hat sich herausgebildet: Kubusform, Edelsteinfundament, drei Tore, Engel, geometrische Dreiecksfigur über der Stadt.

Das trifft auch auf die Zeichnung „Die neue Erde“ zu. Als Kubus überragt er die acht Menschen darunter. Laponder schreibt dazu: „Geschmückt wie eine Braut steigt das Neue Jerusalem auf die Erde herab. Der Sohn, die diamantene Sonne, ist die Lampe. Die Erde nimmt wieder die tetraederförmige Landmasse an, die sie zu Beginn hatte (mittleres Dreieckssymbol). Nur Menschen, die Gottes Fingerabdruck auf der Stirn tragen, können auf der neuen Erde leben.“ Besonders schön sind auch hier wieder die sorgsam ausgearbeiteten Oberflächenstrukturen. Zahlreiche Striche und Linien lassen die Symbole in ihre Umgebung ausstrahlen, wie es echtes Licht kaum vermag. Tatsächlich geht es auch nicht um physisches Licht, sondern um Bedeutung, die die Objekte ihrer Umwelt geben.

Das vermittelt auch die folgende Zeichnung „Das achte Zeichen: „Das verlorene Element in der von Pythagoras entdeckten Oktave wird wiederhergestellt und Gottes göttliche Harmonie kehrt zurück, wenn das Christuslicht in die große Pyramide eintritt und ein Atom der Liebe im Mittelpunkt der Erde keimt. Oben ist das Neue Jerusalem und seine Lampe“ – gemeint ist damit Christus, der hier in die Mitte der Stadt eingezeichnet ist. Bei den Ausführungen Laponders sollte inzwischen klar geworden sein: Ihre Werke stehen nicht autonom für sich, sondern sie haben einen dienenden, erklärenden Zweck ihrer durchaus komplexen Gedanken. Ob sich diese dadurch erhellen, oder ob nicht vielmehr die Abbildungen gänzlich unverständlich werden, bleibt eine offene Frage. Man muss jedoch berücksichtigen, dass im Original die Erläuterungen in Englisch und mitunter wesentlich ausführlicher sind.

„Edelsteine und das neue Jerusalem“ ist eine zeichnerische Erläuterung zu Johannesoffenbarung Kap. 21, Vers 19: „Und die Grundmauern der Stadtmauer waren mit allerlei kostbaren Steinen geschmückt.“ Laut Laponder enthalten die Edelsteine den Fingerabdruck Gottes – der damit zwölf Hände hätte? Die Zeichnung entspricht dem Titel: Unten werden verschiedene Edelsteine in Großformat vorgestellt, oben erscheint das Neue Jerusalem. Besonders die Steine zeigen einmal mehr das Können der Malerin, das dem üblichen Level von autodidaktischer Hobbykunst weit übersteigt. Laponder setzte ihren Schwerpunkt auf die religiöse Verkündung, davon war Malerei ein wesentlicher Teil.

„Das Sonnensystem und das neue Jerusalem“ zeigt letztmalig das Himmlische Jerusalem. Der Aufbau dieser symbolisch aufgeladenen Zeichnung ist wie folgt: An dem Holzkreuz, an das Christus gekreuzigt wurde, soll die Y-Kreuz-Form auf seine Wunden verweisen. Gleichzeitig rahmt diese Form bereits den Kelch, der aus dem Kreuz hervorgeht. Dieser erinnert an das letzte Abendmahl und an jede neue Mahlzeit am Morgen (so die Künstlerin). Oberhalb des Kelchs sind in einer blauen Sphärenscheibe die Planeten und Sternbilder, die Sonne und erneut ein Kreuz zu sehen.
Über dieser Kosmologie schwebt das Himmlische Jerusalem, mit seinen drei Toren an den Seiten und hier mit einem Stern an seiner dem Betrachter zugewandten Ecke. Seine acht Ecken stehen für die Wiederkehr Christi, da dieser seinen Jüngern nach acht Tagen wieder erschienen sei. Christus befindet sich auch hier in der Mitte, diesmal wieder in der Y-Form. Wie zuvor Planeten kreisen hier Perlen und Edelsteine um das Zentrum. Auch die zwölf Tierkreiszeichen mit ihren positiven und negativen Eigenschaften sind verschwunden und wurden durch zwölf Engel ersetzt, die die Tore bewachen. Von der Stadt führen feine Linien nach unten, die wiederum einen gewaltigen zweiten Kelch entstehen lassen, in dem die Sphärenscheibe, der erste Kelch und das Kreuz aufgehoben sind.

Wil Laponder: Let there be light. God’s messages for this time (Johannesburg), um 2005.

 

tags: Pfingstkirche, Südafrika, Kubus, Esoterik, Mystik
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