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Die Alba-Bibel ist eine Übersetzung des Alten Testaments aus dem Hebräischen in das mittelalterliche Kastilisch, an der u.a. Moses Arragel, der Rabbi der jüdischen Gemeinde in Maqueda, beteiligt war. So sind Kommentare christlicher und jüdischer Gelehrter aufgenommen worden, etwa von Abraham ibn Ezra, Maimonides, Shlomo ben Aderet und Nissim von Gerona. Von christlicher Seite betreute Don Luis de Guzmán vom Calatrava-Orden das ungewöhnliche Projekt, an dem von 1422 bis 1430 gearbeitet wurde. Franziskanische Mönche aus Toledo übernahmen die künstlerische Ausgestaltung. Auf unbekanntem Weg gelangte die Prachtausgabe mit 334 kostbaren Miniaturen in das Adelshaus der Familie Alba, die es noch heute besitzt. Sie ist im Madrider Palast Liria als Leihgabe öffentlich zu besichtigen.
Fol. 352v (Buch Joel, Kap. 3, Verse 2, 18-20) zeigt den Tag des Jüngsten Gerichts. Dem irdischen Jerusalem links (hier nicht zu sehen) ist rechts das Himmlische Jerusalem gegenübergesetzt. Die Stadt ist eher wie ein zeitgenössischer hispanischer Adelspalast dargestellt, mit einem luxuriösen Springbrunnen als Wasser des Lebens. Übergroß sitzt Christus auf einem Thron im Dach dieser Anlage, optimistisch grüßt er mit dem Siegeszeichen.
Die folgende Miniatur auf fol. 354v (Prophet Amos, Kap. 7, Vers 7) bringt die Himmelsstadt in einer Vision des Amos. Christus mit Kreuznimbus und dem Buch des Lebens steht über dem noch geschlossenen Tor im mozarabischen Stil. Die Mauer besteht aus kahlen vor- und zurückspringenden Blöcken, die nach oben in Türme übergehen.
Fol. 368r (Sacharja Kap. 14, Verse 2-4, 8, 12) zeigt Jerusalem, wie es von den Völkern belagert wird. Ganz rechts, auf einem Hügel, erscheint das Himmlische Jerusalem. Davor steht, wie zuvor auf fol. 352v, ein Brunnen, aus dessen vier Quellen das Wasser des Lebens fließt. Der Brunnen ist bis in Details identisch, der Bau dahinter leicht verändert. Gewissermaßen wurde er gotisiert. Die Türme haben jetzt steile Helmdächer, links öffnet sich eine Apsis unter einer Rosette, überwölbt von einer Kuppel.
Es sollte deutlich geworden sein, dass alle drei Miniaturen von der gleichen Hand stammen. Offensichtlich arbeitete hier ein Mönch, der sich auf Architektur spezialisiert hatte und dem man auch weitere Miniaturen dieser Bibelausgabe nachgewiesen hat.
Carl-Otto Nordström: The duke of Alba’s Castilian Bible. A study of the rabbinical features of the miniatures, Uppsala 1967.
Thérèse Metzger: The ‚Alba Bible‘ of Rabbi Moses Arragel, in: Bulletin of the Institute of Jewish Studies, 3, 1975, S. 131-155.
La Biblia de Alba. An illustrated manuscript Bible in Castilian, commissioned in 1422 by Don Luis de Guzmán and now in the Library of the Palacio de Liria, Madrid 1992.
Marcia Kupfer: Abraham circumcises himself: A scene at the endgame of Jewish utility to Christian art, in: Herbert L. Kessler, David Nirenberg (Hrsg.): Judaism and Christian art, Philadelphia 2011, S. 143-182.