Cornelis Galle I, der Ältere (1576-1655): „Regia via Crucis“ (1635)

„Regia via Crucis“ erschien im Jahr 1635. Es ist ein Werk von Benedictus van Haeften (1588-1648), Propst der Benediktinerabtei Affligem (Brabant) und Autor zahlreicher religiöser Werke. In dieser Schrift beförderte er die Gegenreformation, erneuerte das Klosterleben und gründete die belgische Kongregation der Präsentation der Jungfrau Maria. Der Mönch war auch Kunstfreund, stand mit zeitgenössischen Malern und Bildhauern in Kontakt und beauftragte Rubens und de Crayer mit der Ausgestaltung des Klosters in Affligem.
„Regia via Crucis“ war sein wichtigstes Werk, es setzte Maßstäbe in der Emblematik und seine Kupferstiche fanden Eingang in viele französische Emblembücher des 17. Jahrhunderts. Dabei ist erwiesen, dass Benedictus van Haeften die mitunter ungewöhnlichen und neuartigen Bildschöpfungen leistete, die Umsetzung jedoch der Kupferstecher Cornelis Galle I, der Ältere (1576-1650) vornahm. Auch dieser war einer der Großen seiner Zeit; er stammt aus einer bedeutenden Kupferstecher-Familie von Antwerpen. So hat sich beispielsweise Philippus Galle, sein Vater, bereits mit dem Thema des Neuen Jerusalem auseinandersetzt, ebenso sein Bruder Theodor Galle. Er selbst, Cornelis Galle, hat schon 1605 das Thema auf einer Maria Immaculata aufgegriffen. Hier, bei „Regia via Crucis“ soll er seine Stiche nach Peter Paul Rubens gefertigt haben – eine Behauptung, die zwar immer weiter getragen wird, aber im Fall von „Regia via Crucis“ einer Grundlage entbehrt. Cornelis Galle war 1635 ein erfahrener Künstler ersten Ranges, kein Kopist der italienischen Schule.

„Haec est via, ambulate in ea“ wird in „Regia via Crucis“ auf Seite 8 als erste Illustration (nach dem Frontispiz) empfohlen, in etwa „Dies ist der Weg, wandelt darauf“. Unten stehen eine Frau und ein Mann vor einem Drehkreuz, der Mann ist durch einen Heiligenschein ausgezeichnet. Nach dem Drehkreuz beginnt der Aufstieg zur Himmelspforte. Dieser Aufstieg ist hier einmal nicht mit Dornen oder Steinen übersät, sondern auf dem Zickzack-Weg liegen zahlreiche Kreuze. Interessanter Weise sind es nicht nur lateinische Kreuze, sonder auch ein Wiederkreuz, ein Doppelkreuz, ein Schächerkreuz und andere Kreuz-Raritäten – vielleicht darf man es so interpretieren, dass nicht allein Katholiken, sondern auch Vertreter anderer Konfessionen Erlösung erhoffen dürfen? Gleichsam zeigt dieser Kreuz-Friedhof an, dass bereits zahlreiche Menschen den Aufstieg geschafft haben, ihr Kreuz überwunden haben. Die Pforte am Ende des Weges ist ein einfacher Rundbogen, mit einer Blumengirlande geschmückt – seit den mittelalterlichen Malereien des Meisters der Blumenornamentik hat man solches nicht mehr gesehen. Auch das Kreuzmotiv wird erneut bespielt, indem Cornelis Galle ein Kreuz in den Eingang gestellt hat, mit der Dornen- und der Märtyrerkrone geschmückt. Darüber öffnet sich die himmlische Welt, Heilige erscheinen, auch wieder mit Kreuzen ausgestattet, die sie nun eigentlich nicht mehr benötigen.

Werfen wir noch einen Blick auf die letzte Illustration von „Regia via Crucis“. Auf Seite 396 erscheinen die beiden Figuren erneut, der Kreis schließt sich. Sie stehen vor einer mächtigen klassizistischen Pforte mit korinthischen Doppelsäulen. Diese Pforte ist, seltsam wie manches in diesem emblematischen Werk, noch mit Holzlatten verschlossen. Es besteht jedoch Hoffnung auf Einlass; vom Gebälk aus winken verheißungsvoll zwei Putti mit Märtyrerkronen.

Benedicto Haefteno: Regia via crucis, Antwerpen 1635.
Der Königliche Weg des Kreuzes. Von Benedikt Haeften in Jahre 1635 herausgegeben; Aus dem Lateinischen, Paderborn 1874.
Wilfried Verleyen: Dom Benedictus Van Haeften, proost van Affligem, 1588-1648. Bijdrage tot de studie van het kloosterleven in de Zuidelijke Nederlanden. Affligem 1980.

 

tags: Emblem, Niederlande, Kreuz, Leiden, Passion
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