María Gerarda Arocha Yánez: Schmuckkreuz aus Venezuela (1999)

Schmuck- und Altarkreuze haben in der römisch-katholischen Kirche eine jahrhundertealte Tradition. Eine motivische Untergruppe sind Kreuze mit Darstellungen des Neuen Jerusalem. Tatsächlich gibt es hier eine Verbindung: Wie der Kreuzestod im historischen Jerusalem stattfand, so findet die zukünftige Auferstehung im himmlischen Jerusalem statt.
1999 entstand ein Schmuckkreuz durch die Künstlerin María Gerarda Arocha Yánez (auch „Maga“, ein Pseudonym aus den Initialen ihres Namens) aus Petare. Sie hat in ihrer Heimat Venezuela die Cristóbal-Rojas-Kunstakademie besucht und arbeitete als Objektkünstlerin und Malerin. Die Kreuzskulptur reiht sich ein in ein vielfältiges Schaffen zum Thema der Apokalypse zur Jahrtausendwende, und dieses Kunstwerk wurde überregional, ja weltweit bekannt als Symbolbild des Weltgebetstags der Frauen 1999, der in Venezuela stattgefunden hat.

Es handelt sich bei dem Kreuz um eine Majolika, also eine farbig bemalte und glasierte Keramik. In die Mitte hat die Künstlerin eine Scheibe gesetzt, in welche die Profile einer quadratischen Stadt mit zwölf Toren eingearbeitet sind. Diese Tore, komplett Türkisfarben, sind menschliche Wesen, manche mit Hosen, andere mit Röcken. Laut der Künstlerin lag dem die Idee zugrunde, dass Menschen aus unterschiedlichen Himmelsrichtungen zusammengehalten werden durch eine helle Mitte. An vier Stellen setzen Träger oder Arme an, wodurch die Kreuzesform erst entsteht. Auf den Trägern sind jeweils zwei Kreise gesetzt mit einer Oberflächenstruktur, die an ein Labyrinth erinnert. Diese Spiralen im Bild verweisen, so Arocha Yánez, auf die Unendlichkeit der Berührung zwischen Himmel und Erde, zwischen Gott und den Menschen.
Ein Himmlisches Jerusalem dargestellt auf einer Majolika ist sehr selten zu finden, zuvor hat dies Wilhelm Polders 1953 einmal unternommen. Aufgrund der Gestaltung mit Händen oder Spachteln sind geometrische, klare Umrisse eine Herausforderung. Arocha Yánez löste dies durch Konzentration auf wenige, aber fest umrissene Formen (Spiralen, menschliche Figuren). Überraschend kommt noch ein weiteres Element hinzu: Feine, zerbrechlich wirkende Strahlen gehen von der Scheibe aus. Sie erinnern an Licht und machen dieses Kreuz fast zu einer Monstranz; dem schweren erdigen Objekt wird nun eine Leichtigkeit hinzugegeben. 

 

Beitragsbild: H. Buller

tags: Venezuela, Schmuckkreuz, Keramik, Majolika
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