Julien-Léopold Lobin (1814-1864): Immaculata-Fenster aus Saint Aré in Decize (1867)
Lucien-Léopold Lobin (1837-1892) war der Sohn des Glasmalers Julien-Léopold Lobin (1814-1864). In der Manufaktur seines Vaters in Tours arbeitete er als Maler und Glasmaler. 1863 – sein Vater war bereits kränklich – wurde er Teilhaber dieses Unternehmens, ein Jahr später übernahm er die Geschäftsführung des Betriebes, der zu einer Fabrik angewachsen war. Über einhundert Mitarbeiter waren hier tätig, viele Gesellen ließen sich zum Meister ausbilden, Glaswerke für Kunden aus ganz Europa entstanden. Die Formensprache änderte sich, neben klassizistischen und historistischen Entwürfen, stets figürlich, entstanden durch den Sohn auch mehr abstraktere Arbeiten mit einer Tendenz zum Geometrischen.
Die Kirche Saint Aré bezieht sich auf den Lokalheiligen, dem Bischof von Nevers (548-558). Zur Gründung der Kirche gibt es eine Legende: Im Moment seines Todes wünschte der Bischof, in ein Boot gesetzt und dort beerdigt zu werden, wo das Boot anhielt. Die Barke fuhr angeblich die Loire hinauf bis nach Decize in Burgund. Dort wurde die Kirche mit Krypta als seine Grablege errichtet. Im Jahr 1842 kam es zu einer Katastrophe: Die Mauern des Schlosses über der Kirche stürzten ein, rissen das Kirchenschiff, mehrere Kapellen und einen Teil des Querschiffs mit sich. So gut wie alle Fenster gingen zu Bruch, der heutige Bau hat keine Fenster aus der Zeit vor 1842. Beim Wiederaufbau war der Heilige Aré weniger gefragt, sondern das große Thema der damaligen Sakralkunst war die Maria Immaculata, selbstverständlich auch bei der Verglasung, in Decize ähnlich gehalten wie in Notre-Dame-de-l’Assomption in d’Auvers-sur-Oise (um 1863) oder in Saint-Martin in Survilliers (1864).
Neben einem älteren Wandfresko, welches diese Symbole im Altarbereich zeigt, wurde 1867 ein Fenster mit sechs ausgewählten Symbolen Mariens in der vorderen rechten Seitenkapelle eingebaut: Unten links die Himmelspforte, dann im Uhrzeigersinn ein Spiegel, eine Vase, ein Thron, eine Rose und Nägel der Passion.

Bei der Himmelspforte schiebt sich ein goldfarbener Bau mit einem roten Tor vor eine kleinere Pforte und zerteilt deren blaue Öffnung. Es ist eine auf seine Grundelemente reduzierte Darstellung, die ganz in das geometrische Muster eingebunden ist, das sie vollständig umzieht. Während sich das Glasfenster gut erhalten hat und noch (2024) von Beschädigungen frei ist, präsentiert sich die restliche Kirche in einem katastrophalen Zustand und verkommt langsam zur Ruine. Die Kapelle dient inzwischen als Rumpelkammer und Spielecke für Kinder.

L’Atelier Lobin. L’Art du vitrail en Touraine, Chambray-lès-Tours 1994.



