Historistische Wandmalerei aus Saint Aré in Decize (um 1860)

1842 kam es zu einer Katastrophe für die römisch-katholische Kirche von Saint Aré in Decize, einer kleinen Stadt an der Loire in Burgund: Die Mauern des Schlosses über der Kirche stürzten wie eine Lawine nach unten, rissen das Kirchenschiff, mehrere Kapellen und einen Teil des Querschiffs mit sich. Lediglich die Krypta aus dem 7. Jahrhundert überstand das Unglück schadlos, was manche Gläubige als Wunder der Jungfrau Maria betrachteten. Der daraufhin einsetzende Wiederaufbau erfolgte in mehreren Etappen und dauerte bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Die daran beteiligten Künstler und Betriebe sind kaum bekannt; zu der Kirche gibt es keine wissenschaftliche Forschung und auch keine Fachliteratur, fast alles ist im Dunkeln. Bei meinem Besuch wurde vermutet, dass die Künstler aus dem Loire-Tal gekommen sein sollen, vor allem in Tours und Orléans gab es Fachbetriebe, die für die Ausgestaltung in Frage kamen. Zu Ehren Mariens wurde damals, um 1850, ein Altar im nördlichen Querhaus eingerichtet und zehn Jahre darauf mit Wandmalereien ausgestattet. Hinter dem Altar zieht sich eine Malerei, die ein Tapetenband imitiert, unterhalb einer Nische mit einer Marienstatue entlang.

Der Rhythmus der geometrischen Musterung dieses Bandes ist wie folgt: In einem Vierpass ist jeweils ein Symbol nach der Lauretanischen Litanei eingefügt. Dann folgt in einem Oval, dessen Form durch ein goldfarbenes Schmuckband erzeugt wird, einen goldenen Stern. Darauf folgt ein Kreis, in dem „Ora pro nobis“ (also „Bete für uns“) auf wieder blauem Grund geschrieben steht. Dann kommt wieder ein Oval, anschließend beginnt diese Reihung erneut. Das letzte Symbol an der rechten Seite stößt bereits direkt an die anschließende Wand an (wo sich der Fries fortsetzt). Es zeigt die Himmelspforte – auch wenn auf eine lateinische Beschriftung hier verzichtet wurde, ist sie doch als solche klar zu erkennen, ähnliche Darstellungen kennt man aus der Kathedrale Saint-André in Bordeaux (1865), der Servatiusbasilika in Maastricht (um 1870) oder aus Kloster Mehrerau (1887).
In dem Vierpass erscheint ein hausähnliches Gebäude, mit gotischen Stilelementen besetzt. Die beiden Flügeltüren sind leicht geöffnet, aber nach innen gezogen. So etwas was ist selten dargestellt, da eine Tür sich gewöhnlich nach außen hin öffnet, aus sicherheitstechnischen Gründen. 

 

tags: Porta Coeli, Mariensymbole, Burgund, Historismus, Wandfresko
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