
Siegfried Assmann (1925-2021): Wandrelief im Gartengelände des Klosters Nütschau (1977)
Macht man einen Spaziergang im Klostergarten von Nütschau, dann kann man, etwas versteckt Nahe des Bildungshauses St. Ansgar, einen Wandschmuck entdecken. Es handelt sich um eine flache Skulptur im Halbrelief, 90 x 90 Zentimeter groß. Von der Schloßstrasse aus ist sie nicht zu sehen, sondern nur von der Gartenseite. Eine solche sakrale Arbeit im Freien, außerhalb einer Kirche oder Kapelle, kennt man vielleicht noch als Brunnen oder Wegkreuz, als Wand- oder Gartenschmuck ist solches sehr selten.
Ebenso ist der Aufbau ungewöhnlich und steht ohne Vergleich da: In der Mitte befindet sich ein Halbkreis, um den ein Geäst gelegt ist – damit erscheint das Werk unvoreingenommen wie ein antiker Schildknauf. Nähert man sich dem Objekt, erkennt man, dass das Geäst eine Dornenkrone bildet. Um diese Krone sind außen zwölf größere Bildplatten gelegt, innen vier quadratische Platten mit den Symbolen der Evangelisten, wie sie in der Johannesoffenbarung beschrieben werden. Diese Platten zeigen im Relief biblische Szenen, so beispielsweise die Vertreibung aus dem Paradies (Uhrzeit elf), das letzte Abendmahl (Uhrzeit drei), die Kreuzigung (Uhrzeit acht), Christus Pantekrator auf dem Regenbogen (Uhrzeit vier). Die letzte obere Platte fällt dadurch auf, dass sie als einzige quadratisch ist. In der Mitte findet man eine Sonne, an den vier Seiten jeweils einfache Blocktore in Dreiergruppen. Links verweisen Adam und Eva auf den Beginn, rechts Auferstandene auf das Ende der menschlichen Geschichte.
Siegfried Assmann (1925-2021) gestaltete dieses Kunstwerk unter dem Titel „Credo“ („Ich glaube“). Die Arbeit muss im Zusammenhang mit dem Benediktinerkloster gesehen werden, für das Assmann kurz zuvor den Altarbereich der Klosterkirche gestaltet hat. Der erste Entwurf zu dem Relief zeigt die Sonne noch ohne das Neue Jerusalem, die mittige Kugel ist noch mit einem Kreuz besetzt und über allem steht „Amen“ geschrieben. Man darf erstens vermuten, dass die Änderungen auf Wunsch oder im Austausch mit dem Kloster entstanden. Zweitens darf man vermuten, dass diese erste Arbeit für das Haus Ansgar dort sehr gut aufgenommen wurde. In den folgenden Jahren sollten weitere Aufträge für das Haus Ansgar folgen (Raum der Stille 1986), die noch heute diesen Ort künstlerisch prägen.
Kloster Nütschau. Benediktinerpriorat St. Ansgar Werden und Wachsen, Nütschau (1983).
Gisberth M. Hülsmann, Elmar Sommer: Konventhaus Kloster St. Ansgar, Travenbrück-Nütschau, in: Architektur-Jahrbuch, 2004 S.126-133.