
Jan Konůpek (1883-1950), ein tschechischer Grafiker und Buchillustrator, hat sich in zwei Zyklen mit dem Himmlischen Jerusalem auseinander gesetzt, einmal in dem Kunstband „Apokalypsa cili zjeveni Apostola Jana zvaného theologos“ (Brünn 1929) und dann in einem zweiten Apokalypsezyklus unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg 1946. Dieser Zyklus zählt zu seinem Spätwerk; Konupek verstarb bereits wenige Jahre darauf 1950. Aber auch vor und nach 1929 hat sich der Künstler immer wieder mit der Apokalypse beschäftigt, auf Auktionen finden sich immer wieder neue Studienblätter Konůpeks zu diesem Thema.
Drei der 25 x 19 Zentimeter großen Blätter auf Basis von Tusche und Aquarell zeigen das Himmlische Jerusalem. Die hiesigen Exemplare stammen aus der Moravská-Galerie in Brünn, Inventarnummern B 14278, B 14279 und B 14292.
Zum 21. Kapitel der Johannesoffenbarung existiert eine erste Arbeit, die im unteren Bereich die Auferstehung zeigt. Es sind (zufällig?) zwölf Menschen, die sich gerade aufrichten. Im Hintergrund sieht man eine symmetrische Stadtanlage im Zackenstil, in die vorne ein kleines Tor führt. Auf stumpfen Türmen, die immer wieder aus dem Mauerwerk aufragen, stehen schmale Engelsfiguren. In ihrer Mitte erscheint Christus vor einem schwebendem Kubus – es sieht so aus, als würde er grade den Schlussstein oder Eckstein seines Werkes setzen, welches damit abgeschlossen ist.
Das zweite Beispiel firmiert unter dem Titel „Nový Jeuzalém“ und illustriert ebenfalls das 21. Kapitel der Johannesoffenbarung. Unten sehen wir zwei Reihen, zunächst eine Doppelreihe einer Zinnenmauer, rechts staffeln sich schmale Türme hintereinander – beides erinnert an oberitalienische Architektur des Spätmittelalters mit ihren Geschlechtertürmen. In der Mitte dieser Stadtanlage erscheint ein transparenter Kubus, aus dem heraus ein ernster Christus direkt den Betrachter anzublicken scheint. Unterstützt wird der suggestive Eindruck durch den Strahlenkranz um den Christuskopf. Dieser wie auch der Kubus liegen auf einem Blatt Papier, welches über der Stadt zu schweben scheint.
Das dritte hat den Titel „Das Lamm auf dem Berg Zion und mit ihm Einhundertvierundvierzigtausend, auf deren Stirn der Name seines Vaters geschrieben steht“ – der Inhalt ist jedoch etwas anderes: Zunächst zeigt Jan Konůpek eine gewaltige, steile Pyramide. Auf deren Spitze steht nicht das Lamm, sondern ein Engel. Aus Wolken links und rechts um die Pyramide erscheinen rote Figuren, die dem Engel Bücher entgegenhalten – was hier gemeint ist, bleibt unklar, da diese Szene nicht in der Johannesoffenbarung beschrieben ist. Unten, am Fundament, sind einige Felsen zu sehen, aus denen die Pyramide hervorgeht. Vielleicht sind dies Reste des Zionbergs oder Reste der untergegangenen ersten Welt? Um die Felsen haben sich neun Personen versammelt, mit ihren langen Gewändern und merkwürdigen Gesichstdeformationen sehen sie noch wenig wie Erlöse aus, eher wie Auferstandene, denen das Gericht noch bevorsteht.
Die folgende Grafik (Westböhmische Galerie in Pilsen) ist eine alternative Fassung oder Variante in schwarz-weiß (Größe 33 x 22 Zentimeter). Wesentliche Bildelemente sind gleich geblieben, lediglich die Wolken sind etwas wilder und dramatischer gezeichnet. Die Figuren, die dem Engel die Bücher entgegenhalten, sind von der linken an die rechte Seite gewandert und die Zahl der Menschen vor der Erscheinung hat sich um eine Person erhöht.
Apokalypsa cili zjeveni Apostola Jana zvaného theologos, Brno 1929.
Apokalypsa Petrova – apokryfní zlomek, dřevoryty a kresby Jana Konůpka, Praha (1943).
Milan Humplík: Jan Konůpek. Maler, grafiker og bogillustrator, Frederikshavn 2002.
Lenka Bydžovská: ‚…a viděl jsem nové nebe a novou zemi…‘. Apokalypsa a umění v českých zemích, Praha 2023.