
Guy de Sauvage (1921-2007) war ein belgischer Künstler, erst Maler, später hauptsächlich Keramiker. Im Jahr 1953 entwarf er in Brüssel eine Tafel mit Elementen, die zusammen das Himmlische Jerusalem ergeben. Sie war mit anderen Werken des Künstlers 1954 erstmals im Palais des Beaux-Arts in Brüssel zu sehen. Der Künstler hat die Anordnung sorgfältig erarbeitet, es haben sich drei Entwurfszeichnungen erhalten. Zusätzlich existiert eine handschriftliche Aufzeichnung zu Farben der Emaillierung der verschiedenen Elemente, da das Email seine endgültige Farbe erst am Ende des Brandes annimmt, in diesem Fall bei etwa 1000 Grad. Selbstverständlich musste der Künstler sich schon zuvor darüber Gedanken machen, wenn nach dem Brand die Farben seinen ursprünglichen Vorstellungen entsprechen sollten.
Die relativ kleine Keramikplatte (83 x 68 Zentimeter) ist in klaren hellen, leicht bläulichen Zement eingebettet. Bei der folgenden Beschreibung habe ich mich eng an eine schriftliche kurze Notizen des Künstlers aus dem Jahr 2002 gehalten: Unter den darauf gesetzten Teilen finden sich ein roter Kreis als Stadtmitte, dessen glatte, glasierte Mitte stärker als andere Elemente das Licht reflektiert. Um diese rote Mitte sind ein Dutzend goldfarbene Plättchen als die eigentliche Stadt, vielleicht Steine, Mauern oder Häuser gesetzt. Auf einigen finden sich wesentliche Informationen eingeritzt: ein lateinisches Kreuz, Zweige mit Blättern des Lebensbaums. Sechs blaue Einzelplättchen in der unteren rechten Ecke machen den Lebensfluss aus, auf ihnen sind Wellenlinien eingeritzt. Genau zwölf weitere Plättchen haben Gesichter, es sind Apostel oder Engel. Zwischen diesen Elementen füllen weitere Plättchen mit geometrischen Strukturen die Zwischenräume, die ohne inhaltliche Bestimmung sind, sondern rein schmückenden Zweck haben.
Die Arbeit erinnert an einen Setzkasten oder einen Bastelbogen. Aus isolierten Einzelteilen einen neuen Blick für das Zusammenhängende zu ermöglichen ist Merkmal vieler Werke von Guy de Sauvage aus dieser Schaffensperiode. Es zeigt sich eine Tendenz zum Abstrakten, was der Künstler in den folgenden Jahren konsequent weiter verfolgen sollte. Damit erinnert das Werk an eine vergleichbare Keramik von Dora und Hubert Kleemann, ohne dass die Künstler sich oder ihr Werk gegenseitig kannten.
Marie Volta: Monographie de Guy de Sauvage, o.O., 1993.
Claus Bernet: Große Künstler, großartige Kunst, Norderstedt 2021 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 48).