
Anders als zu Beginn des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Russland nur einige wenige illustrierte apokalyptische Handschriften, von denen nur eine ganz geringe Zahl die zwei Weltkriege und die Stalinisierung überstanden hat. Ein solches Werk befindet sich in der russischen Privatsammlung von д. в. пересторонина. Es handelt sich bei der Jerusalemillustration um eine ausgeklappte Doppelseite (Tinte, Feder, Tempera) der Größe 72 x 18 Zentimeter aus dem Manuskript „Spiritueller Blumengarten“. Entstanden ist dieses Werk im Umkreis der Altgläubigen. Das Charakteristische der Illustrationen der Altgläubigen sind Zeichnungen in kräftigen, fröhlichen Farben. Sie sind nie vermischt, sondern klar voneinander abgegrenzt, statt vielfältige Farbtöne findet man lediglich eine Handvoll, hier allein Gelb, Rot und Mintgrün mit einer fast durchgängigen Zuteilung; Gelb: Tore und Fenster, Rot: Wand- und Mauerflächen, Grün: Schmuck und Dekor, abgrenzende Mauerzüge nach außen. Das Besondere ist die Dopplung des Himmlischen Jerusalem: Links erscheint eine Stadt von einer sechseckigen Mauer umschlossen. Mühe verwendete der unbekannte Illustrator vor allem bei der Ausgestaltung der kunstvollen Stadttore, vor allem des zentralen Tores an der Hauptseite. Sie alle sind geschlossen.
Rechts findet man keine Stadtmauern mehr, sondern verschiedene einzelne Elemente einer Darstellung des Himmlischen Jerusalem, wie zunächst einen auffälligen Lebensbaum. Überhaupt spielt das Leben hier eine größere Bedeutung. So findet man auf den Zweigen des Baumes Vögel, neben dem Baum den Seher Johannes mit seinem Begleiter, der ihm die Stadt zeigt. Zwei weitere Engel bereichern die Szenerie, einer davon erscheint in einem jetzt halb geöffneten Tor. Vor diesen Elementen sind fantasiereiche Blumen gesetzt, die an den Paradiesgarten erinnern, und an den Titel des Bandes: „Spiritueller Blumengarten“.