Wolf-Dieter Kohler (1928-1985): Kirche Peter- und Paul von Pfedelbach (1960)
Der kleine Ort Pfedelbach, eine Gemeinde bei Öhringen im Hohenlohekreis (Baden-Württemberg) besitzt eine außergewöhnlich große Kirche, in der heute fast alle Pfedelbacher Einwohner Platz finden könnten. Die 1893 erbaute Peter- und Paulskirche wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt, die meisten historischen Glasfenster gingen zu Bruch. Es dauerte 15 Jahre, bis man sich 1960 im Rahmen einer Innensanierung hochwertige Buntglasfenster leisten konnte.
Der neue Pfarrer, Heinz Müller, hatte schon Jahre zuvor in Stuttgart Wolf-Dieter Kohler (1928-1985) kennen und schätzen gelernt. Für die Neuverglasung wollte er bewusst „neues“ und „modernes“ wagen, was man heute, betrachtet man die Fenster unvoreingenommen, nicht unbedingt mit diesen zwei Adjektiven in Verbindung bringt. Dank der damaligen Autorität konnte sich der Pfarrer leicht gegen Widerstände hinwegsetzen, so dass Kohler und seinem Glashandwerker Emil Gaisser aus Stuttgart schließlich der Auftrag erteilt wurde. Den letzten Ausschlag gab aber der Stifter Wilhelm (Willy) Scheuerle, der sich in einem Schreiben vom 12.8.1959 mit Kohler einverstanden erklärte, nachdem er dessen Entwürfe persönlich vorgestellt und erklärt bekam.
Welche Alternativvorstellungen seine Gegner damals hatten oder ob sie einen anderen Künstler bevorzugt hätten, geht aus den Gemeindeprotokollen leider nicht hervor. Kohler gewann seine Kritiker mit eingängigen figürlichen Szenen, die das Vertraute in Erinnerung riefen. Allein das Mittelfenster ist etwas ungewöhnlicher. Hier dominieren zwei übergroße Figuren: zwei Mal Christus, einmal als Leidensfigur, dann als Auferstandener, der jedoch nicht weniger leidend aussieht und uns die Stigmata präsentiert. In Pfedelsbach war, wie bereits in Freckenfeld, der Stuttgarter Leonhardskirche, in Oberboihingen oder in Heilbronn (Nikolaikirche) der obere Bereich mit historischem Maßwerkornament ausgestattet. Kohler bezog es mit ein, indem er ganz oben die Buchstaben für Alpha und Omega einsetzte, darunter, auf zwei Bahnen verteilt, die zwölf Tore. Sie sind im typischen Kohler-Design gehalten: blockartige Tore, außen goldgelb, gefüllt mit vier farblich unterschiedlichen Glasscheiben.
Gerhard Taddey (Bearb): Pfedelbach 1037-1987. Aus Geschichte und Gegenwart, Sigmaringen 1987.
Christa Birkenmaier (Hrsg.): Wolf-Dieter Kohler, 1928-1985. Leben und Werk, Petersberg 2021.