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Hermann Gottfried (1929-2015): Ev. Kirche St. Bartholomäus in Wahlscheid (1963)

Die Arbeiten von Hermann Gottfried (1929-2015) zum Himmlischen Jerusalem standen unter keinem guten Stern: Die Chorwand von St. Johannes in Gladbeck mit einer malerischen Interpretation Gottfrieds (1977) wurde abgerissen, das Deckengemälde in Herkenrath (1977) ist nicht im ursprünglichen Zustand überliefert, die Fenster in St. Ewaldi in Duisburg-Laar (1962) beschädigt und neuerdings vom Abriss bedroht. Noch im ursprünglichem Zustand erlebbar ist ein anderes Werk des Meisters, das sich, im Gegensatz zu den genannten Ausführungen, in einer kleinen Kirche auf dem Land befindet: die evangelische Bartholomäuskirche in Wahlscheid (Lohmar im Bergischen Land). Da sie sich auf einer Berghöhe abseits der Ortschaft befindet, hat sie den Namen „Kirche auf dem Berge“, auch deswegen, um sie von der römisch-katholischen Kirche zu unterscheiden, die ebenfalls den Namen des Jüngers Bartholomäus trägt. Die evangelische Kirche wird, ihrer Lage wegen, gerne als Hochzeitskirche des Bergischen Landes genutzt.
Die Kunstwerke unterschiedlicher Stilrichtungen innerhalb der Kirche wurden durch die expressiven Glasarbeiten Gottfrieds in erstaunliche Harmonie gebracht. Seine Fenster wirken vereinheitlichend und beruhigen den Raum. Gottfried wohnte unweit in Herkenrath; er kannte die Kirche auf dem Berg schon lange vor der Auftragsvergabe aus eigener Anschauung, zu der er mitteilte: „Ich habe die Kirche auf Wanderungen entdeckt und hier viele Stunden verbracht. Als eine Renovierung anstand, war es eine Selbstverständlichkeit für mich, Hilfe und Unterstützung anzubieten. Ende der 1950er Jahre hatte ich zwei kleine Arbeiten entworfen, die organische, vegetabile Formen thematisieren – ich empfand sie als geeignet für den Eingangsbereich im Übergang vom Naturraum in den Kulturraum. Die Arbeiten wurden wohlwollend aufgenommen, schnell war man bei Ideen und immer konkreteren Vorstellungen für den Innenraum (…). Die angesprochene ‚Zweiteilung‘ des Jerusalem-Fensters war von Anbeginn eine Herausforderung. Genaugenommen haben ja alle Fenster der Kirche diese Zweiteilung, was sich bei der Form der Fenster anbietet (…). Mir schien es angemessen, nicht diejenigen Fenster zu teilen, die mit biblischen Personen zu tun haben. Somit blieben das Neue Jerusalem und der Lebensbaum für die Fenster an den Emporen übrig. Das Neue Jerusalem hat ja mit der oberen neuen Schöpfung und der alten, vergehenden Welt eine tatsächliche Trennung, die hier anschaulich zum Tragen kommt. Der Lebensbaum mit seinen Früchten auf der anderen Seite zeigt unten die Waage des Gerichts: dieses Symbol habe ich auf einem mittelalterlichen Wandbild vorgefunden.“

Steht man auf der Empore, erkennt man die ganze erzählerische Vielfalt, die Gottfried, ausdrücklich inspiriert von einer Glaswand aus Köln-Marienburg, in die quadratische Rahmung packte: eine Friedenstaube (Heiliger Geist), drei Tore mit spitzen Kegeldächern, ein Rundbogentor mit ausgefeilter hölzerner Maserung, links wie rechts einige Häuser der Stadt. Von dem Tor fließt ein Band durch die Empore nach unten. Dort wird vom Wasser des Lebens die alte Schöpfung befruchtet, dargestellt in der Form wie das Neue Jerusalem, aber dunkler und ohne Inhalt. Fotografisch ist das Gesamtfenster kaum einzufangen, einen Eindruck vermittelt eine Aufnahme von unten, direkt vor dem Fenster durch die Öffnung am Emporenstockwerk steil nach oben.

Heinrich Hennekeuser: Gemeinde Lohmar, Neuss 1980.
Siegfried Helser: Wie et fröhe woe, Band 2, Wahlscheid 1994.
Von Propheten und Aposteln verkündet: ein Gang durch die Heilsgeschichte. Zu den Buntglasfenstern aus dem Jahr 1966 von Hermann Gottfried in der evangelischen St.-Bartholomäus-Kirche, Lohmar-Wahlscheid, in: Lohmarer Heimatblätter, 19, 2005, S. 66-71.

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tags: NRW, Pforte, Taube, Emporenfenster
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