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Epitaph des Renward Göldlin von Tiefenau aus dem Freiburger Münster (1600)

Das Freiburger Münster besitzt ein weniger bekanntes und so gut wie bislang nicht näher kunstwissenschaftlich erforschtes Epitaph. Es befindet sich neben dem Südportal des Chorumgangs, an der rechten Wandseite. Die einstigen Holzwurmschäden und andere Beeinträchtigungen, die auch durch Regenwasser verursacht worden waren, konnten erst kürzlich 2020 durch eine umfassende Restaurierung beseitigt werden. Die Ölmalerei wurde zum Gedenken an den adeligen Prälat Renward Göldlin von Tiefenau (geb. 1531) angefertigt, der sich auf dem Gemälde übrigens links unter der Civitas Dei als Stifter und potentieller Bewohner des Himmlischen Jerusalem verewigt hat. Im Zentrum der Malerei steht eine Marienfigur, die von einzelnen ihrer Symbole umrahmt ist. Alle diese Symbole sind, wie es um 1600 üblich war, mit einem Spruchband lateinisch kenntlich gemacht. Auf Höhe des Marienkopfes links, gegenüber der Himmelsleiter (Scala Caeli), ist die Himmelspforte aufgemalt, lateinisch tituliert als Porta Caeli.

Es handelt sich um einen gedrungenen Bau mit ausladendem Segmentgiebel im Stil der Hochrenaissance. Die Pforte steht offen, im Inneren befindet sich eine Figur, wie es in Bayern schon in Ingolstadt (1556) bekannt war. Weiter unten, zu Füßen Mariens links, ziehen sich Bauten der Civitas Dei entlang. Hier standen vermutlich Werke von Adriaen Isenbrant Pate. Die offene Stadt hat keine Mauern, aber gestaffelte Tempelbauten und Kirchtürme, was Wohlstand und Sicherheit verheißt. Die Arbeiten sind von sicherer Hand schwungvoll ausgeführt von einem Meister, der südländische Vorbilder aus Italien oder Spanien kannte. Renward Göldlin von Tiefenau war 1600 verstorben, das Epitaph wurde, wie in solchen Fällen üblich, aus seinem Nachlass finanziert, so dass man an künstlerischer Qualität keine Abstriche machen musste. Die Bildkonzeption, auch Tota Pulchra genannt, war Ende des 16. Jahrhunderts das Modernste, was der religiöse Kunstmarkt zu bieten hatte. Für den deutschen Sprachraum ist dieses eines der ältesten erhaltenen Beispiele.

Friedrich Kempf, Karl Schuster: Das Freiburger Münster. Ein Führer für Einheimische und Fremde, Freiburg i.Br. 1906.
Emil Kreuzer: Der Altar im Dettinger Chörlein, in: Freiburger Münsterblätter, 8, 1906, S. 49-63.
Heike Mittmann: Freiburger Münster – die Chorkapellen: Geschichte und Ausstattung, Freiburg i. Br. 2014.

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tags: Münster, Epitaph, Renaissance, Tota Pulchra, Civitas Dei, Porta Coeli, Lauretanische Litanei
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