Gianfrancesco da Tolmezzo: Fresko in Sant’Antonio Abate in Barbeano (um 1485)

Gianfrancesco da Tolmezzo, auch bekannt als Gianfranco del Zotto, wurde in Socchieve bei Udine geboren, in der heutigen italienischen Region Friaul-Julisch Venetien. Er lebte dort von etwa 1450 bis 1510. Der Maler gilt als einer der Begründer der Tolmezzo-Malerschule bzw. war der Initiator der friaulischen Renaissance und dessen bedeutender Vertreter im Quattrocento. Seine Ausbildung fand wahrscheinlich in der Region Venetien statt, da seine Werke von den bedeutendsten zeitgenössischen venezianischen Malern beeinflusst waren, ebenso wie es offensichtlich ist, dass sie auch von den nordischen Stichen geprägt wurden, die im gleichen Zeitraum in Venedig zirkulierten.
Tolmezzos Werke, überwiegend Fresken, haben sich vor allem in den Pfarrkirchen von Provesano in San Giorgio della Richinvelda sowie in Castel d’Aviano, Budoia, Pordenone, Cordenons, Vivaro, Forni di Sotto, Forni di Sopra und in seiner Geburtsstadt Socchieve erhalten.
So ist es auch der Fall in Sant’Antonio Abate in dem Ort Barbeano im Alpenvorland bei Spilimbergo, zu der Barbeano eingemeindet wurde. Die kleine Landkirche ist mit außergewöhnlichen Kunstwerken ausgestattet, darunter ein großer Freskenzyklus von Tolmezzo auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Es dauerte aber, bis man den Wert der Arbeiten erkannte. Noch um 1950 wollte man die Kirche abreißen, die Fresken zerfielen weiter durch ein Erbeben von 1976. Zwischen 1979 und 1983 wurde dann eine erste Bestandssicherung durchgeführt, 2002 eine umfassende Restaurierung.
Im Inneren ist der Chor vollständig von Gianfrancesco da Tolmezzo mit Fresken bemalt. Die Adeligen von Spilimbergo kannten den Künstler spätestens seit 1481, als sie ihm ein kleines Lehen verliehen. Obwohl er seit 1482 in der Gegend tätig war, scheint es, dass er nie nennenswerte Aufträge in der Stadt Spilimbergo hatte. Heute geht man davon aus, dass die Malereien zwischen 1481 und vor 1489 ausgeführt wurden, dem Datum eines Dokuments, in dem erwähnt wird, dass der Maler zugunsten der Adligen von Spilimbergo auf einen Kredit von 40 Dukaten verzichtete, den er für in der Landkirche von Barbeano ausgeführte Gemälde beanspruchte.
Trotz der erheblichen Schäden sind einige große Szenen an den Wänden und am Gewölbe noch lesbar, wie die der Geburt Christi oder die der Himmelfahrt Christi. Auf der Wandseite links vom Altar stellt der Maler das Jüngste Gericht dar. Im Mittelpunkt steht die triumphale Figur des Richters in der Mandorla, umgeben von einem Chor aus Seraphim und Putten. Unten sind Fürsprecher eingefügt, wie Maria und Johannes der Täufer, jeweils flankiert von sechs Aposteln, alle kniend mit gefalteten Händen und zum Himmel gerichteten Augen. Unter der Mandorla wenden sich vier Engel in die vier Ecken der Welt und verschränken ihre klingelnden Wellhornschnecken, mit denen sie die Toten zur endgültigen Auferstehung rufen. Unten links ist der Einzug der Prozession der Seligen ins Paradies beschrieben, dargestellt als Himmlisches Jerusalem, mit Edelsteinen besetzten Mauern und Engeln auf den Türmen. Gold und Grün sind hier die bestimmenden Farbtöne: Gold für den himmlischen Glanz, Grün als Assoziation auf das Paradies. Auffällig ist die gewaltige Flügeltür. Sie ist innen mit Engeln besetzt, die auf kleinen Arkadenbögen stehen. Weitere Engel befinden sich auf den rechteckigen Mauerpfeilern, den zwei Füllhörnern und auf einem Schmuckkranz in der Mitte über dem Tor – typische Elemente einer experimentellen Frührenaissance, was man so nicht so leicht woanders finden wird. Zwischen den Flügeln drängen sich Menschenmassen nach innen. Dort präsentiert der Maler nicht eine Stadt, sondern eine hügelige Landschaft. Auf dem linken Hügel scheint mit einem verlassenen Kreuz eine Golgatha-Reminiszenz eingefügt worden zu sein. Was sich weiter darunter befand, hat sich leider nicht erhalten. Nicht auszuschließen ist, dass sich dort das Motiv des Neuen Jerusalem weiter ausbreitete, mit Vortoren, Stufen, Treppen etc. 

Fulvio Dell’Agnese: Gianfrancesco da Tolmezzo, ‚depentor‘. Un artista e la cultura figurativa veneto-friulana del tardo ‚400, in: Acropoli, 2, 1962, S. 123-148.
Giuseppe Bergamini: Note su alcuni affreschi del quattro e cinquecento nello spilimberghese in Antichità Altoadriatiche XVIII Studi Spilimberghesi Centro di Antichità Altoadriatiche Casa Bertoli Aquileia, Udine 1980.
Giuseppe Bergamini: Arte e artisti del Rinascimento a Spilimbergo, in: Spilimbèrc. 61m Congres, 23 di setembar 1984, S. 333-336.
Simone Toffolon: L’opera di Gianfrancesco da Tolmezzo a Barbeano e Provesano. Iconografia tra tradizione e innovazione. Tesi di Laurea, 2013/14.
Marina Celegon: Spilimbergo (PN), fraz. Barbeano. Chiesa di Sant’Antonio Abate (2023).

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Beitragsbild: Marina Celegon

tags: Italien, Venetien, Frührenaissance, Quattrocento
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