Leuchter der Basilika St. Godehard in Hildesheim (1864)

Die Begeisterung für historische Radleuchter hat mehrere Renaissancen erfahren, so beispielsweise gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Damals wurden im Zuge der Neorenaissance nicht allein Gebäude in diesem Stil erbaut, sondern auch passende Einrichtungsgegenstände hergestellt. Ein Beispiel dafür ist der Radleuchter in der römisch-katholischen Basilika St. Godehard in der Bistumsstadt Hildesheim mit ihren berühmten mittelalterlichen Leuchtern, dem Thietmarleuchter und dem Heziloleuchter, die die Anregung zu dieser Arbeit gaben.

Der dortige neoromanischer Radleuchter in der Vierung über dem Hauptaltar wurde im Jahr 1864 von Marie von Sachsen-Altenburg (1818-1907) gestiftet, der letzten Königin von Hannover. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Sakralbau umfangreich erneuert, und es schien passend, den Bau mit neoromanischem Inventar auszustatten. Wer allerdings diese umfangreiche Arbeit ausgeführt hat, ist nicht bekannt.
Das Himmlische Jerusalem ist hier etwas anders als sonst auf Leuchtern dargestellt: Um das Lamm Gottes in einem kleinen Sakramentshäuschen, in dem die Streben der Halterung zusammenlaufen, sind auf dem Reif, zur Außenseite hin, die vierundzwanzig Ältesten aus der Apokalypse dargestellt, die in Baldachinen thronen und wertvolle Gegenstände präsentieren. Auf dem Reif sind kleine Engelsfiguren in Relief aneinander gereiht, darunter ein biblischer Vers auf Latein.
Ursprünglich war dieser Leuchter mit Kerzen ausgestattet, zu deren Anzünden der Tonnen schwere Bronzeleuchter an einem speziellen Gewinde heruntergefahren und wieder hochgefahren werden konnte. Heute besitzt der Leuchter mehr als 60 Glühbirnen. 

Kurd Fleige: Kirchenkunst, Kapitellsymbolik und profane Bauten, Hildesheim 1993.
Ursula Schädler-Saub: Mittelalterliche Kirchen in Niedersachsen, Petersberg 2000.
Gerhard Lutz, Angela Weyer: St. Godehard in Hildesheim, in: Matthias Exner, Ursula Schädler-Saub (Hrsg.): Die Restaurierung der Restaurierung? München 2002, S. 197-202.
Christian Stallmann (Hrsg.): Sankt Godehardi zu Hildesheim, Hildesheim 2008.
Claus Bernet: Jerusalems-Leuchter, Jerusalems-Kerzen und Adventskränze, Norderstedt 2015 (Reihe Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 25).

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tags: Radleuchter, Neorenaissance, Jerusalemsleuchter, Bronze, Niedersachsen
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