
Wilhelm Geyer (1900-1968): Münsterkirche St. Vitus in Mönchengladbach (1960)
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Claus Bernet
- Februar 2, 2023
St. Vitus in Mönchengladbach ist der bedeutendste Kirchenbau der Stadt, der allerdings stark im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Zahlreiche Glasfenster gingen damals verloren und wurden in einem Prozess über Jahrzehnte ersetzt, zunächst durch eine Notverglasung. 1960 wurde der Martinschor mit dem Abendmahlsschrein wiederhergestellt, er befindet sich vorne im linken Seitenschiff. Dort gestaltete der damals bekannte Glasmaler Wilhelm Geyer (1900-1968) die Neuschöpfung aus buntarbigem Antikglas, Blei und Schwarzlot.
Im unteren Bereich sind im figürlichen Stil historische Szenen dargestellt, nämlich der Abt Sandrad und die Gründungsgeschichte der Abtei Gladbach und somit auch die Anfänge von St. Vitus: Gero und Sandrad glauben in Leichlingen den Ort für eine benediktinische Klostergründung entdeckt zu haben, der Tod eines Königsboten zeigt die Täuschung dieser Annahme an. Anschließend folgen nach unten noch ein verheißungsvoller Traum Sandrads in Gladbach, dann das Auffinden von Reliquien (die heute in der Schatzkammer aufbewahrt sind). Abschließend wird gezeigt, wie Sandrad Gladbach verlassen muss, bis er durch Kaiserin Adelheid in Ehren zurückgeführt wird. Über diese Szenen hat Geyer in einem eigenständigen Bildfeld die Stadt des Himmlischen Jerusalem dargestellt, die mit den unteren Szenen nur allgemein in Verbindung steht. Dazu hat der Künstler eine starke, symbolträchtige Sprache gefunden: ein Lamm im Kreisnimbus wird von einem Quadrat umzogen, welches sich wiederum in einem Kreis befindet. Zwölf Engel präsentieren die Tore der Stadt und stehen jeweils auf einer Perle. Zwischen ihnen wurden acht Mondsicheln gesetzt – eine einzigartige Zutat Geyers, die irritiert und Fragen aufwirft.
Annette Jansen-Winkeln (Hrsg.): Künstler zwischen den Zeiten – Wilhelm Geyer, Eitorf 2000.
Natalie Alexandra Holtschoppen: St. Vitus zu Gladbach, Essen 2008.
Eva-Marina Froitzheim: Wilhelm Geyer und die neue Figuration nach dem Ersten Weltkrieg, in: Carla Heussler, Christoph Wagner (Hrsg.): Stuttgarter Kunstgeschichten, von den schwäbischen Impressionisten bis zur Stuttgarter Avantgarde, Regensburg 2022, S. 312-325.
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