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Charles Crodel (1894-1973) und Klaus Arnold (1928-2009): Schloßkirche Pforzheim (1959 bzw. 1967)

Bekannter ist die Darstellung des Himmlischen Jerusalem im Chorbereich der Pforzheimer Schloßkirche St. Michael, die Charles Crodel (1894-1973) nach Kriegszerstörungen im Jahr hier 1958 anfertigte. Weniger bekannt ist, dass der gleiche Künstler das identische Motiv in diesem Jahr nochmals zur Darstellung brachte, und zwar an einer Stelle, die weitaus weniger prominent und weniger gut einsehbar ist. Dabei handelt es sich um die Turm- und Orgelseite, die dem Chor an der Westseite gegenüber liegt.

Dort sah der Künstler eine Glasmalerei mit den zwölf Toren der Stadt vor. Dabei wurden jeweils drei Tore in drei Reihen übereinander gesetzt, so dass sich ein annähernd quadratischer Baukörper ergibt. Dieser steht auf einer grünen Wiese, die sowohl für die alte wie auch die neue Schöpfung stehen könnte. Auf figürliche Elemente, wie Engel, Christus, Heilige, Johannes, etc. wurde, wie schon in seiner Arbeit für diese Kirche zuvor, wieder vollständig verzichtet. Bis auf wenige grüne und schwarze Scheiben sind alle Tore samt ihrer Füllung in rötlichen Farben gehalten, umgeben von einer Aura blauer Glasscheiben.
Mit dem Werk von Crodel waren die schwersten Kriegsschäden, was Glasfenster angeht, erst einmal behoben; die vielen Seitenfenster im Kirchenschiff waren weiterhin mit einer einfachen Notverglasung versehen.

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1966/67 kam es dann im Langhaus zu einer hochwertigen Neuverglasung, für die sich der Karlsruher Professor und Glasmaler Klaus Arnold (1928-2009) verantwortlich zeichnet. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete Arnold parallel auch für Kirchenfenster in Aglasterhausen und Mannheim, die alle das Neue Jerusalem zum Thema haben. Ähnlich wie bei Crodel sind auch hier Blau und Rot die dominierenden Farben. Das zweite Fenster des südlichen Obergadens wurde nach der Johannesoffenbarung Kap. 21, Vers 10 gestaltet. Ähnlich wie bei Chagall finden sich leuchtende Farben, weiche Formen und figürliche Elemente in einer Tendenz zur Auflösung in die Fläche.

So zeigen die drei Fenster durchaus bekannte Elemente aus der Apokalypsenerzählung, wie etwa im linken Fenster Sonne und Mond, eine Engelsfigur, dann im Mittelteil das weiße Lamm auf goldenem Thron, umgeben von mindestens drei Torbögen, sowie im dritten, rechten Fenster eine Sanduhr als Symbol für Vergänglichkeit. Es ergibt sich mit diesen Bestandteilen aber keine gängige Erzählung zu Kap. 21. Vers 10, sondern der Künstler bietet Denkanstöße und Momentaufnahmen, in der Betrachter ihre eigen Geschichte lesen können. Mit den Glasmalereien von Crodel und Arnold gehört die Schloßkirche zu den wenigen Bauten, in denen das Neue Jerusalem drei Mal auf verschiedenen Fenstern bewundert werden kann.

Pfarramt Lutherpfarrei Pforzheim (Hrsg.): Schloßkirche St. Michael, Pforzheim 1967.
Wolfgang Hütt: Carl Crodel, Dresden 1981.
Mathias Köhler, Christop Timm: Ev. Schloß- und Stiftskirche St. Michael Pforzheim. Patrozinium: 29. September, Stadt Pforzheim, Baden-Württemberg, Michaelsgemeinde, Dekanat Pforzheim-Stadt, Regensburg 1996.
Freunde der Schloßkirche e.V. (Hrsg.): Schloß- und Stiftskirche St. Michael Pforzheim. Die Farbglasfenster, Birkenfeld 2012.
Das Fensterwerk von Charles Crodel, in: Freunde der Schlosskirche (Hrsg.): Blickpunkt Schlosskirche, 24, 2014/15, S. 29-43.

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tags: Charles Crodel, Klaus Arnold, Obergaden, Orgel, Sanduhr, Baden, Schwarzwald, Schloßkirche
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