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Russische Gerichtsapokalypse (um 1620)

Ein Band aus der Russischen Staatsbibliothek Moskau (Sammlung E. E. Egorova) vereint eine kleine Gerichtsapokalypse von knapp 170 Seiten mit der Interpretation der Apokalypse der spätantiken Autoren Andreas von Cäsarea, Papst Hippolytus und Palladios (Palladius) Mnicha. Entstanden ist dieses Werk um 1620 vermutlich in einem Moskauer Kloster des russisch-orthodoxen Patriarchen. Alle darin enthaltenen Handzeichnungen wurden mit Aquarellfarben nachträglich koloriert, überwiegend in hellen Pastelltönen Grün, Rot und Gelb. Die erste Abbildung, die etwas vom Himmlischen Jerusalem zeigt, findet man auf fol. 23. Die Vignette ist den sieben Leuchtern gewidmet, darüber herrscht auf einem Thron Christus, den die vierundzwanzig Ältesten zu beiden Seiten anbeten. Zu seinen Seiten öffnen sich zwei gelb-goldene Flügel der Himmelspforte als Öffnung in das Neue Jerusalem. Das Motiv der aufgesprengten Türflügel ist alt und geht auf mittelalterliche Fresken zurück.

Jerusalem in toto zeigt erst fol. 104v. Unten steht Johannes auf Patmos, über ihm erscheint eine Miniaturstadt mit hohen Mauern, über denen Dächer, Kuppeln und Türme von eng gestaffelten Bauten hervorschauen. Während die Mauern, die eigentlich aus Edelstein und Gold sein sollen, nicht farblich akzentuiert sind, wurde hier die Dachlandschaft koloriert, wieder im für diese Handschrift charakteristischen Grün, Rot und Gelb.

Wenige Seiten darauf zeigt fol. 106 die Stadt Jerusalem auf andere Weise, die mehr an den Paradiesgarten angelehnt ist. Unten zieht sich eine rosafarbene Mauer im Zickzackmuster entlang, wie man es bereits von spätmittelalterlichen Miniaturen aus dem Westen kennt (etwa MS 9014 der Königlichen Bibliothek in Brüssel), aber auch von Ikonen aus Nowgorod und Solwytschegodsk. Auf den Mauern sind Perlen oder Edelsteine angedeutet, des Weiteren einige Tore. Im dahinter liegenden Garten sieht man links einen Brunnen, aus dem der Lebensfluss entspringt, und rechts den Lebensbaum mit den immerwährenden Früchten. Für Speise und Trank ist also gesorgt.

Die dann folgende Illustration auf fol. 110v ist wieder an fol. 104v angelehnt, diesmal in einer vollständigeren Art: Jetzt sind von der Stadt insgesamt sechs Tore zu sehen. Mit ihren Farben und Mustern erinnern sie an die Edelsteine der Stadt, von denen es ja ebenfalls zwölf geben soll. Johannes steht auch nicht mehr alleine, sondern wird von einem Engel begleitet, der ihn auf die Stadt aufmerksam macht.

Откровение св. Иоанна Богослова в мировой книжной традиции: каталог выставки, Москва 1995.

 

tags: Weltgericht, Russische Staatsbibliothek Moskau, Russland, Apokalypsekommentar, Leuchter, Türflügel, Pastell, Brunnen
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