Christel Poll (1914-1992): Mosaikbänder der ehemaligen Taufkapelle von St. Liborius in Bielefeld (1964)

Die römisch-katholische Kirche St. Liborius in Bielefeld besaß eine künstlerisch hochwertig gestaltete Taufkapelle. Sie befand sich direkt unter dem Kirchenturm, gegenüber dem Altarbereich im Osten. Seit 1964 war die Kapelle mit drei Mosaikbändern der Bielefelder Künstlerin Christel Poll (1914-1992) ausgeschmückt. Im Zentrum des mittleren Bildes ist der thronende Christus als Weltenherrscher zu sehen, Maria zu seiner Rechten verweist auf die menschliche Existenz Christi, Johannes der Täufer zu seiner Linken bezeugt ihn als „Lamm Gottes“. Rechts bzw. links erweitern zwei weitere Mosaike die Bedeutung Christi in ihrer Auswirkung auf alle Christen: Jeweils sechs Apostel auf den beiden Seiten repräsentieren die Getauften als die Gesamtkirche. Die ebenfalls rechts bzw. links einbezogene Darstellung des Himmlischen Jerusalem stellt den Zusammenhang her zwischen der örtlichen Gemeinde und dem idealen Reich Gottes. Das Himmlische Jerusalem ist damit ein Bild für die zukünftige, vollendete Form des Gottesreichs. Die Voraussetzung und den (realen) Beginn eines erfolgreichen Wegs zum Himmlischen Jerusalem setzt nach katholischer Auffassung das Taufgeschehen. Es ist versinnbildlicht durch das kaskadenförmige Wasser der seitlichen Bildreihen.

Das Himmlische Jerusalem ist durch eine antikisierende Stadtlandschaft dargestellt, wie man es von den römischen Mosaiken der Kirchen des ersten Jahrtausends her kennt, allerdings hier ohne die Stadtmauer. Ein altertümlicher Eindruck wird zusätzlich dadurch erzeugt, dass der Grundton der Steine ein helles Rotbraun ist, zwischen das nur hin und wieder rote, blaue und grüne Farbpunkte gesetzt sind. Das Mosaik ist so angeordnet, dass sich eine Taufgruppe in der Kapelle vom Himmlischen Jerusalem und den Aposteln umschlossen empfinden darf. Durch das gedämpfte Licht in dem einer Krypta ähnlichen Raum funkeln die Farbsteine insbesondere bei Kerzenbeleuchtung, so dass eine festliche, feierliche Atmosphäre entsteht.
Taufen finden an diesem Ort nicht mehr statt. Ich hatte zufällig das Glück, dass Kunstwerk unmittelbar vor der Profanierung der Kirche am 30.9.2023 gerade noch rechtzeitig dokumentieren zu können. Inzwischen ist der Abriss erfolgt.

 

tags: Bielefeld, Westfalen, Krypta, Taufe, Kapelle
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