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Ida Köhne (1907-2005): Jerusalems-Interpretationen (1980 bis 1987) und Glasfenster aus Schwelm (1981)

Ida Köhne (1907-2005) wurde in Essen geboren, absolvierte später ein Studium der Germanistik und Kunstgeschichte in Köln. Trotz leidenschaftlicher Liebe und Talent zum Malen ließen die Eltern nur die Berufsarbeit als Kunsterzieherin zu, und als solche war Ida Köhne bis 1971 in Oberhausener Gymnasien tätig. Vor allem nach ihrer Pensionierung entstanden dann eigene künstlerische Werke. In den 1980er Jahren beschäftigte sie sich mit dem Himmlischen Jerusalem, es entstanden unmittelbar hintereinander ein Aquarell, eine Gouache und ein Werk in Mischtechnik, die alle das Thema ähnlich darstellen. Man kann durchaus diese Malereien als eine Vorstudie für eine spätere Glasarbeit verstehen.
Das Aquarell in quadratischer Form von 60 x 60 Zentimeter ist eine „Farbkarte“, die das Neue Jerusalem nach Johannesoffenbarung Kap. 21, Vers 10-23 und Kap. 22, Vers 1-2 darstellen möchte. Diese Malerei „Das himmlische Jerusalem (Apokalypse) I“ entstand 1980 und nahm im Oktober/November gleichen Jahres in Mühlheim an einer Ausstellung der katholischen Akademie teil, auf der es vermutlich verkauft wurde. Markant sind die zwölf Kreise, die sich um das Quadrat ziehen: Es sind die Perlen, umströmt vom Lebensfluss. Der Gesamteindruck des Kunstwerks im Paisleymuster ist weich und harmonisch, was vor allem der matten Farbtönung in Rot, Gelb und Blau geschuldet ist.

Daneben entstand in gleicher Größe die Gouache „Das himmlische Jerusalem (Apokalypse) II“ (ebenfalls datiert auf 1980). Hier sind die Farben trüber, dunkler und erdiger, was eigentlich typisch für die weiteren Werke Köhnes ist. Durch die weiße Färbung wird der Perlencharakter der zwölf Kreise deutlicher, was hier mit dem Lamm Gottes im Zentrum korrespondiert. Es blickt frontal zum Betrachter. Von ihm gehen sechzehn Arme des Lebensflusses aus und greifen wie Zangen in die Umgebung. Das Werk, wie auch das Aquarell, befindet sich heute in Privatbesitz, wie übrigens eine dritte Arbeit in Mischtechnik („Das himmlische Jerusalem (Apokalypse) III“.

Eine vierte Arbeit dieser Serie „Das himmlische Jerusalem“ entstand als blau-rote Pinselzeichnung und Aquarell 1980. Damit experimentierte die Künstlerin zu dem gleichen Motiv in einem Jahr in unterschiedlichen Techniken. Die quadratische Stadt blieb im Prinzip unverändert, doch hier kann man mehr von dem Kontext erahnen, in den sie eingefügt wurde. Köhne deutet Wolken und mit Kreisen den Kosmos an, der um die Stadt gelegt ist. Durch die annähernd quadratischen Maße 61 x 69 Zentimeter wird nochmals auf die Binnenzeichnung Bezug genommen.

Zeitgleich arbeitete Köhne an einem Entwurf für die römisch-katholische Pfarrkirche St. Marien in Schwelm. Dort war für die Werktagskapelle ein Bleiglasfenster in den Maßen 388 x 267 Zentimeter zu gestalten, was 1981 ausgeführt wurde.
Das Himmlische Jerusalem zeigt die Tore der Stadt unterhalb des Lammes in einer schwungvollen, blauroten Gloriole. Dabei konzentriert sich das Rot um das Lamm oben und das Blau um die Tore unten. Diese sind einfach Rundbögen, die offen stehen. Zusätzliche Dynamik entsteht, wie bereits bei den Vorstudien, durch den Lebensfluss. Es sind Wellen, die vom Lamm ausgehen und auch die Tore nach unten links und rechts durchströmen.

Mit dem Thema und vor allem ihrer Art der Darstellung beschäftigte sich die Künstlerin weiterhin. Noch 1987 folgte die Mischtechnik „Himmlisches Jerusalem“, auf der die Stadt ähnlich wie auf den Werken von 1980 gezeigt wird. Es ergeben sich nach Jahren allerdings drei Veränderungen. Von allen Werken Köhnes ist die himmlische Stadt erstmals um 45 Grad gedreht und steht nun schief auf der linken Seite. Von allen zwölf Perlentoren greifen Zacken nach außen, was an gelbe Flammen erinnert und die Dynamik des Bildes in Bewegung verstärkt. Letztlich ist es die einzige Arbeit, die die Umgebung mit einbezieht und neue Motive integriert. So finden sich unter der Stadt ineinander verwobene Schlangen als Symbol für das untergehende Böse. Rechts ist ein mächtiger stehender Engel als Gegengewicht der Liebe und des Guten eingesetzt, der als Adorant die Stadt anbetete. Die komplexe Arbeit der Größe von 61 x 83 Zentimetern stand in der Jahresausstellung 1996 der St. Marien-Kirche in Oberhausen zum Verkauf an. Seitdem ist sie in Privatbesitz befindlich.

Ida Köhne – Bilder und Zeichnungen, Mülheim 1980.
Albert Raffelt (Hrsg.): Blaise Pascal: Die Mitte. Betrachtungen über den Menschen und über Christus, Mainz 1990.
Annette Jansen-Winkeln: Künstler zwischen den Zeiten – Ida Köhne, Eitorf 2004 (Künstler zwischen den Zeiten, 8).
Ida Köhne: Werkverzeichnis, Teil 1: Gemälde. Bearbeitet von Albert Raffelt und Gertrud Tykiel, Freiburg 2005.
Klaus Peter Schmitz: Illustrierte Pfarrgeschichte St. Marien Schwelm, Schwelm 2008.
Claus Bernet: Spezialband: Himmelspforten vom Mittelalter bis heute (Kirchenfenster und Glasarbeiten, Teil 4), Norderstedt 2018 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 46).

 

tags: Schwelm, Ruhrgebiet, Aquarell, Gouache, Mischtechnik, Perlentor, Werktagskirche
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