Hieronymus Bosch (um 1450-1516): Tischplatte (1480-1500)

Im Madrider Prado-Museum befindet sich ein komplexes Werk, welches auf den Entstehungszeitraum von 1480 bis 1500 eingegrenzt werden kann und dem holländischen Maler Hieronymus Bosch (um 1450-1516) zugeschrieben wird. Auf der linken Seite marschieren vier Gerettete in das Himmlische Jerusalem, wohingegen die Masse der Geretteten sich bereits hinter der Pforte in der Stadt befindet. Im oberen Bereich hat Christus auf dem Thron Platz genommen. Die ornamentierten Pfeiler, Arkaden und Säulen im Flamboyantstil lassen immer wieder Blicke in das Innere zu, in dem Heilige und Engel versammelt sind. Auf den Pfeilern neben der Pforte sind oben übrigens vergoldete Engel dargestellt, die man kaum sehen kann, da auch der Hintergrund dieser spätgotischen Malerei noch vergoldet ist. Weitere (echte) Engel befinden sich vor der Stadt und spielen auf Musikinstrumenten.

Das Werk „Die Sieben Todsünden“ bzw. „Die vier letzten Dinge“ ist die Oberfläche einer Tischplatte, also eines Möbelstücks – welche sehr selten mit dem Motiv des Neuen Jerusalem verziert wurden –, ein weiteres Tisch-Beispiel wurde erst wieder Jahrhunderte später von Edith Wolff präsentiert. Das Hauptbild, die Todsünden, bildet den größeren Mittelteil des Tisches. Um dieses Rundbild herum sind in den Ecken des Tisches vier weitere Tondi angeordnet, die „Vier letzten Dinge“, also die das „Sterben“, das „Jüngste Gericht“, den „Himmel“ und die „Hölle“ abbilden. Sie sind in ihrer Darstellung, etwa im Vergleich mit Werken wie „Garten der Lüste“ oder dem „Heuwagen-Triptychon“ eher starr und konservativ, es ist nicht sicher, ob Hieronymus Bosch diese Bilder wirklich konzeptioniert und ob er sie auch tatsächlich selbst angefertigt hat.

Anni Wagner: Die sieben Todsünden und die vier letzten Dinge, in: Die Kunst und das schöne Heim, 88, 1976, S. 217-224.
Roger H. Marijnissen: Hieronymus Bosch. Das vollständige Werk, unter Mitwirkung von Peter Ruyffelaere, Köln 1999 (2).
Stefan Fischer: Hieronymus Bosch. Malerei als Vision, Lehrbild und Kunstwerk, Köln 2009. 

 

tags: Spätmittelalter, Kuriosität, Möbelstück, Madrid, Spanien, Gotik
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