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MS 19: Apokalypsehandschrift (1300-1330)

Die Bodleian-Apokalypse, die Tanner-Apokalypse, MS M 524 Morgan, die Lambeth-Apokalypse, MS B.10.2 und andere, sicher auch einige, die die Jahrhunderte nicht überstanden haben, bilden eine Gruppe, zu der auch MS 19 gehört. Diese Gruppe zeichnet aus, dass in ihr das Himmlische Jerusalem stets drei Mal dargestellt ist, in folgender Reihenfolge: 1. als Kirchenbau, 2. als rechteckiger Kasten mit den Toren und 3. mit dem Fluss des Lebens. Das ist auch der Fall bei MS 19 aus der Zeit von etwa 1300 bis 1330, die sich heute im Besitz der John Rylands Library in Manchester befindet. Es sind manieristische Miniaturen, was man daran erkennt, dass
-die Gebäude mit vielerlei Details gezeichnet sind
-die Zeichnungen gerne aus dem Rahmen treten
-die Ausmalung farbenfroh, geradezu bunt ausgeführt wurde.
Fol. 87r zeigt, wie üblich, Johannes vor der Stadt als mittelalterliche Wehrkirche. Während das sonst prächtige Jerusalem hier gänzlich in Grau gehalten ist, hat der Künstler bei der Kolorierung des Gewands des Johannes viel Mühe und Farbe investiert. Ein besonderer Einfall: Er setzt oben mit einer Feder zum Schreiben an, wo tatsächlich der Text der Johannesoffenbarung eingefügt ist.

Fol. 87r besteht aus einer zweiten Miniatur, die sich direkt darunter auf dem gleichen Blatt befindet. Der umfangreiche Text lässt nicht viel Platz für Zeichnungen, so ist der Engel links, der Johannes jetzt begleitet, teilweise verdeckt. Auch die Stadt rechts wirkt unvollständig, als würde man nur die obere Hälfte sehen. Die Tore sind wechselweise rot und grün. Auch Miniaturisten waren nur Menschen und machten Fehler: Hier wurden zwei der Tore vergessen. Ein besonderer Einfall, der extrem selten zu finden ist und vielleicht aus der Not geboren wurde: Rechts schiebt sich die Schrift über den Rahmen hinaus.

Die abschließende dritte Miniatur auf fol. 87v gilt dem Tabernakel, der vom Lebensfluss geradezu befeuert wird, so dass elf Bäumchen aus ihm hervorsprießen. Diese stehen für die eigentlich zwölf Früchte des Lebensbaum. Solche Einfälle sind bezeichnend für manieristische Darstellungen. Die Stadt ähnelt der ersten Miniatur, nur ist sie hier mehr ein Wohnhaus als eine Kirche. Das Tor ist, anders als bei den Miniaturen zuvor, nicht mehr geöffnet, da sich die Vision vollendet hat.

 

tags: John Rylands Library Manchester, Manierismus, Gotik, Mittelalter
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