Dublin-Apokalypse MS 64 (1250-1300)

 

Die Dublin-Apokalypse der Trinity College Library TCD MS 64 (früher MA K. 4.31) wird ihrer Qualität wegen durchweg gelobt, zu Recht. Sie ist ein eigenständiges Werk, das kaum auf andere zeitgenössische Apokalypseausgaben aus England oder Frankreich Bezug nimmt. Sicherlich liegt das daran, dass hier Illustratoren am Werke waren, die keine andere erhaltene Apokalypsehandschrift ausgestattet haben. Ihre Eigenständigkeit zeigt die Dublin-Apokalypse auch bei der Bebilderung zum Himmlischen Jerusalem.
Die Handschrift soll in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstanden sein, Genaueres weiß man nicht. Gerade weil sich diese Apokalypse so schlecht mit anderen vergleichen lässt, ist eine verlässliche Datierung schwierig. Jedenfalls ist sie in Ostengland entstanden, wahrscheinlich in einer der dortigen großen und wohlhabenden Abteien. Schon das im Original fast eine ganze Seite ausfüllende Hochformat, die mehrbogige Einfassung und die Binnengestaltung mit Arabesken sind ungewöhnlich. Gezeigt wird die Stadt zwei Mal in Form einer gotischen Kathedrale (fol. 13r und fol. 35r/werkeigene Zählung fol. 13r, 71r). Während fol. 13r eine offene Pforte zeigt, ist sie auf fol. 35r geschlossen. Johannes, einmal in Begleitung eines Engels und einmal alleine, findet sich auf der linken Seite der Miniatur (durchaus vergleichbar mit Johannes auf fol. 21v von MS Auct. D.4.17 (1250-1260).

Die letzte Abbildung auf fol. 36r (werkeigene Zählung fol. 73r) zeigt ein Fundament aus zwölf Engeln unter Arkadenbögen, über denen sich die Stadt aufbaut. Sie besteht im Wesentlichen aus drei gotischen Türmen hinter einem offenen Hof, der bis an die Zinnen der Stadtmauer grenzt. Die Mauer, die Türme, das Fundament: alles ist mit Edelsteinen und Perlen reichlich dekoriert. In dieser Form wurde zuvor und danach im Mittelalter Jerusalem kein zweites Mal dargestellt.

James Wardrop: The Dublin Apocalypse, in: The Burlington Magazine for Connoisseurs, 57, 1930, S. 154-160.
Bernard Meehan: A note on the Dublin Apocalypse (Trinity College Dublin MS 64), in: Scriptorium, 38, 1984, S. 82-83.
Apocalisse, Torino 1996.
Claus Bernet: Klassiker des Himmlischen Jerusalem, Norderstedt 2012 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 1).

 

Beitragsbild: Trinity College Library, Dublin

tags: Dublin, Irland, England, Kathedrale, Engel, Gotik, Mittelalter
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