Eine Ausgabe der Pélerinage aus dem Jahr 1393 wird in der Französischen Nationalbibliothek in Paris aufbewahrt, unter der Signatur Français 823. An dieser Ausgabe war ein Pierre Remiet beteiligt, der auch unter dem Namen „Meister des Todes“ bekannt ist. Fol. 1 zeigt eine Miniatur, welche aus insgesamt vier Einzelbildern besteht. Drei von vier Sequenzen zeigen das Himmlische Jerusalem, stets in einer anderen baulichen Gestalt. Die zweite obere Sequenz zeigt den späteren Pilger, wie ihm Jerusalem während eines Traumes im Spiegel erscheint. Diese Miniaturenfolge dürfte die bekannteste Abbildung aller Pélerinage-Ausgaben sein, da sie immer wieder in der Sekundärliteratur und in Ausstellungskatalogen gezeigt wurde. Sie ist allerdings für Pélerinage-Ausgaben in keiner Weise typisch.
Fortgesetzt wird die Geschichte mit drei Illustrationen zur Himmelsstadt auf fol. 2r und 2v (zwei Miniaturen). Es sind die auch in anderen Ausgaben des 14. Jahrhunderts gerne gezeigten Versuche der Mönche, sich auf heimliche Weise Zugang in die Stadt Jerusalem zu verschaffen – offensichtlich reicht ihr fromm-monastisches Leben nicht dazu aus, oder sie wollen nicht länger darauf warten, sondern sogleich in den Genuss der himmlischen Vorzüge gelangen. Zwei der Versuche werden näher gezeigt, nämlich mittels einer langen Leiter und einer Kordel in die Stadt zu gelangen. Hier ist die Architektur der Stadt als quadratische Box mit abweisenden, kahlen Mauern und Schießscharten einzigartig für eine Darstellung des Himmlischen Jerusalem, ähnlich gestaltet ist sie allein in Français 377. Die letzte Miniatur, fol. 2v (rechts) zeigt dann die Hauptperson mit Pilgerstab und Pilgertasche direkt Petrus gegenüber, der in der Pforte des Neuen Jerusalem den Ankömmling begrüßt, da dieser den ehrlichen Weg gegangen ist.
823. Le Pelerinage de Vie Humaine, in: Catalogue des manuscrits français, 1, Paris 1868, S. 90.
Michael Camille: The illustrated manuscripts of Guillaume de Deguileville’s Pèlerinages, 1330-1426, Cambridge 1985.
Michael Camille: Master of death. The lifeless art of Pierre Remiet, illuminator, New Haven 1996.
