
Die römisch-katholische Friedhofskapelle zu Gais in Südtirol (Italien) ist ein Bau aus dem Mittelalter. Um 1495 wurde eine ältere Kapelle erhöht und mit einem neuen Gratgewölbe versehen. Das Objekt wird auch als Beinhaus oder Totenkapelle bezeichnet. Die Kapelle wurde gleichfalls mit Wandmalereien ausgeschmückt, die u. a. auf einem Arkadenfeld das Jüngste Gericht zeigen. Der Maler ist leider unbekannt, zeitlich und stilistisch wird es sich um einen Meister im Umkreis des berühmten Tiroler Maler und Schnitzer Michael Pacher handeln (um 1435 -1498). Auch lombardische Einflüsse, die in Tirol längst seit über Hundert Jahren bekannt waren, lassen sich nachweisen. Dafür stehen vor allem die blockartigen Bauten, die das Himmlische Jerusalem darstellen. Schmuck, Ornament, wie es noch der Flamboyant feierte, aber auch Merkmale wie Perlen oder Edelsteine gibt es hier nicht, sondern lediglich kahle Wände, die in einen violetten Farbton getaucht wurden. Auch die Pforte, hinter der es golden schimmert, ist dankbar einfach gehalten. Vor ihr hat sich eine Schar Geretteter versammelt, assistiert von einer rot gekleideten Person links und einer weiß gekleideten Person rechts.
Josef Weingartner: Die Kunstdenkmäler Südtirols, Bd. 1, Innsbruck 1985 (7).
Johanna Bampi: Die Wandmalereien der Friedhofskapelle von Gais und spätmittelalterliches Totenbrauchtum in Südtirol, Wien 2004.
Claus Bernet: Die Frühe Neuzeit: Eine Hoch-Zeit der Jerusalemskultur, Norderstedt 2016 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 5,2).
Josef Duregger (Hrsg.): Die alte Totenkapelle von Gais. Mit Beiträgen von: Johanna Bampi Zwack, Irene Tomedi, Johann Maurberger, Brixen 2020.