Franciscus Hermanus Bach (1865-1956): Ehemalige Juvenaatskapel in Maastricht (1922-1927)

Die ehemalige „Juvenaatskapel van de Broeders“ war eine römisch-katholische Klosterkirche und  Lehrerbildungsanstalt in Maastricht. Einst war es eine der modernsten Lehrstätten des Landes, schon in der Architektur verabschiedete man sich vom Historismus und wagte 1909 unter dem Architekten Lambertus Faber Neues. Im Zentrum der Anlage befand sich die Kirche quasi als Herz des Lehrkörpers.

Das Internat wurde 1969 geschlossen, immer mehr Räumlichkeiten der Anlage standen leer oder wurden als Lager benutzt. Zu seinem Schutz wurde die Anlage 1997 zum Reichsdenkmal der Niederlande erklärt. Die weitere Nutzung war lange ungewiss, bis es als Studentenwohnheim wieder an die ursprüngliche Tradition anknüpfte. Freilich hatten sich die Zeiten geändert, für die ehemalige Kirche hatte man keine Verwendung mehr. Wo einst der Priester den Wein zelebrierte, dürfen heute alle Anwesenden zum Glas greifen.

Der Umbau der Kirche zu einem Cafe und Gesellschaftsraum erfolgte so, dass die sakralen Spuren in den Hintergrund getreten sind. Überstanden hat den Umbau eine kleine Malerei des Neuen Jerusalem an versteckter Stelle. Es hat mich mehr als eine Stunde gekostet, mit mehreren Angestellten des Studentenwohnheims das Fresko schließlich aufzufinden, an einem Ort, wo es niemand vermutet hätte.
Einst trug für die erste Innengestaltung maßgeblich der akademische Maler Franciscus Hermanus Bach (1865-1956) aus Groningen Verantwortung, der dort zwischen 1922 und 1927 Wandmalereien im Stil des Art déco ausführte. Ein Himmlisches Jerusalem in Anlehnung an einen Stadtplan findet man am Triumphbogen der Westseite über der Sängerempore in etwa sechs Meter Höhe, eingezwängt zwischen zwei gemauerte Gurtbögen der Dachkonstruktion. Heute kann man die Malerei kaum erkennen, da sie meist hinter einem Beamer verdeckt bleibt.

Einfallsreich sind die acht weißen Engelsfiguren in Form einer Lilie, die jeweils paarweise in die Ecken der Stadtmauer gesetzt sind. Die Mauern dazwischen tragen die zwölf Tore, die in Dreiergruppen zusammengefasst sind. Ungewöhnlich ist die Besetzung des Zentrums, die traditionell Christus, dem Zionsberg oder dem Lamm vorbehalten ist. Bach setzt hier lediglich ein geometrisches Muster – eine ähnliche Gestaltung hatte kurz zuvor der Niederländer Antoon Derkinderen gefunden. Umgeben ist die Stadt von einem grünen Kranz und einem Strahlennimbus. Aufgrund der schmalen Position wird ein Teil der Strahlen durch die Backsteinrippen verdeckt. Diejenigen Strahlen, die jedoch sichtbar sind, wurden erst weiß, dann leicht versetzt in einem Ockerton gesetzt, womit Bach eine Tiefenwirkung und Plastizität erzeugte.

Peter J. I. Flaton, John Sondeyker: Een gemeenschap van heiligen, (Maastricht) 2002.
Bernadette van Hellenberg Hubar: De genade van de steiger. Monumentale kerkelijke schilderkunst in het interbellum, Zutphen 2013.
Claus Bernet: Denkmalschutz, Denkmalpflege und UNESCO-Weltkulturerbe, Norderstedt 2020 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 47).

 

tags: Niederlande, Limburg, Kapelle, Verlust, Art Deco, Jugenstil, Engel, Lilie, Strahlen
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