Beim Umbau der Kapelle Notre-Dame des Flots in Lacanau-Océan (Region Nouvelle-Aquitaine) wurden im Jahr 1967 mobile Glasstellwände von Raymond Mirande (1932-1997) vor die Altarwände gestellt. Es sind überwiegend abstrakte Arbeiten, die von Form und den typischen Farben der 1970er Jahre, Braun und Orange, leben. Eine dieser Stellwände hat an ihrer rechten Außenseite das Himmlische Jerusalem zum Thema. Breite Bleifassungen zeigen Umrisse von Häusern, durchzogen von weißen Bahnen, ähnlich wie eine Arbeit von Buja Bingemer für Reichshof-Feld etwa zehn Jahre zuvor.
Jocelyne Denière, Lysiane Denière: Notre-Dame du Sacré-Coeur, Malo-les-Bains, Notre-Dame des Flots, Dunkerque 2004.
Véronique Menault-Mirande: Raymond Mirande. Les émaux. Catalogue raisonné, Paris 2006.
Claus Bernet: Kirchenfenster und Glasarbeiten, Teil 3, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 26).
Zum Künstler:
Raymond Mirande wurde am 9. Dezember 1932 in Bordeaux als Sohn eines Metallurgen-Vorarbeiters und einer Verkäuferin geboren. Vor dem Zweiten Weltkrieg zog die Familie mehrmals in Bordeaux um, dann lebte sie in Talence. Gegen Ende des Krieges zogen die Eltern, die Händler geworden waren, zurück in den Kapuziner-Bezirk von Bordeaux, wo Raymond sein Sekundarstudium am Lycée Montaigne abschloss. In den 1950er Jahren begann Mirande Gedichte zu schreiben, die er meist in Sammelbänden veröffentlichte. Er entdeckte und begegnete schließlich dem französischsprachigen italienischen Philosophen Lanza del Vasto (1901-1981), den Apostel der Gewaltlosigkeit, der ihn nachhaltig prägen sollte. In persönlichem Kontakt stand er auch mit damals bekannteren Intellektuellen wie Jean Cayrol (1910-2005) oder François Mauriac (1885-1970).
1954 begann Mirande an der Universität Literatur zu studieren. Gleichzeitig brachte er sich autodidaktisch Kunsttechniken bei, zunächst vor allem Emaille-Malerei, die er zeitlebens praktizierte. Seine wiederkehrenden Themen sind christliche Symbole und Tierdarstellungen. Er arbeitet zunächst mit seinen Eltern in einer Werkstatt in Andernos, bis er Ende der 1950er Jahre mit seinen Eltern nach Gradignan zog, einem Vorort von Bordeaux. Dort richtete er seine neue Werkstatt ein. Mirande hatte seine ersten Ausstellungen in Bordeaux und stellte regelmäßig in den Provinzen, in Paris und im Ausland aus. 1960 heiratete er Nicole Baly, mit der er zwei Kinder hatte: Véronique (geb. 1962) und Christophe (geb. 1967).
Mirande schrieb von 1961 bis 1979 für die Zeitung „La Vie de Bordeaux“, vor allem Kunstkritiken. 1964 begann er mit dem Zeichnen von Buntglasfenstern, die er zeitlebens für religiöse, aber auch nichtreligiöse Bauten (Rathäuser, Bibliotheken, Banken, Schlösser, Altenheime, Krankenhäuser) ausführte. Er wurde dabei regelmäßig von seinem Bruder Marcel Mirande unterstützt, einem Architekten. 1988 wurde Mirande zum Mitglied der Nationalakademie, Sektion Belles-Lettres et Arts de Bordeaux, gewählt, einer Institution, der er ab 1994 vorstand. Raymond Mirande starb am 10. Oktober 1997 im Alter von 64 Jahren an einem Herzinfarkt in Gradignan. Seit Juni 2006 gibt es dort eine nach ihm benannte Straße.