Fresko aus der St. Clemens-Romanus-Kirche in Marklohe (1520)

Im linken Gewölbe, also zur rechten Seite Christi, befindet sich in der Markloher Kirche ein komplexes Jerusalem. Der Maler hat es als vieltürmige, hochaufragende Stadt gestaltet. Fast immer ist das Neue Jerusalem ja als kleine Kirche dargestellt (schon aus Platzgründen, aber auch wegen der Kosten), die ganz andere Präsentation in Marklohe ist einzigartig und allein deswegen schon von besonderem Wert. Die linke und rechte Bildhälfte liegen symmetrisch zueinander. In der Mitte ist die Eingangspforte, vor der Petrus steht. Davor laufen zwei Treppen mit hölzernem Geländer aus, was man auch auf einem Metallschnitt von um 1500 findet. Verschiedene Indizien deuten darauf hin, dass die weltlichen und geistlichen Herrscher des Freskos die Grafen von Hoya darstellen sollen. Viele Mitglieder dieser Grafenfamilie bekleideten hohe Ämter. Ihr Wappen findet sich im Gewölbesegment gegenüber der Darstellung von Christus als Weltenrichter. Sie sind die Stifter der Fresken und haben die Arbeiten in Auftrag gegeben, vermutlich im Jahr 1520. Ein Jahr zuvor war Graf Jobst II. aus dem Exil bei seinem Verwandten, dem Grafen Edzard von Ostfriesland, in seine Residenz Nienburg zurückgekehrt. Die Welfenfürsten hatten ihn sieben Jahre zuvor aus seiner Grafschaft vertrieben und sich das Land schon fast angeeignet. Durch die Intervention seiner Verwandten beim Kaiser hatten diese erreicht, dass Jobst II. gegen Zahlung von 36.000 Goldgulden seine Grafschaft wieder in Besitz nehmen konnte. Bei der Darstellung der Hölle wurden die Welfen für diesen Übergriff verewigt. Die Malereien waren also eine Donation der Grafen zum Dank dafür, dass sie wieder regierten und in der benachbarten Nienburg residieren konnten. Es wird in dem Fresko auch zum Ausdruck gebracht, dass gerechte Herrscher nach ihrem Tod in das Neue Jerusalem, ungerechte Herrscher in die Hölle kommen.
Nach der Reformation wurden die Malereien jedoch unter Putz gelegt und waren dort Jahrhunderte konserviert. Sie wurden erst Anfang des 20. Jahrhunderts wiederentdeckt und von Reinhold Ebeling 1907 freigelegt. Ebeling war im 19. Jahrhundert ein Schüler des Malers und Innenarchitekten Hermann Schaper, unmittelbar nach Marklohe legte er in Scholen ein Weltgericht frei. In Marklohe hat er sich mit einem Einhorn verewigt und selbstbewusst seine Freilegungen signiert: „Aufgedecket u. instandgesetzt i. jahre 1907 Rein. Ebeling Kirchenmaler hannover.“

Heinrich Taake: Die Chorgemälde in der Kirche zu Marklohe, Stolzenau (1958).
Stefanie Lieb: Das Paradies als Architektur – Weltgerichtsdarstellungen in spätmittelalterlichen niedersächsischen Dorfkirchen, in: Stefan Amt (Hrsg.): Festschrift für Günther Kokkelink, Hannover 1999, S. 51-58.
Heidi von Arenstorff, Gabriele Matthias: Die Fresken der St. Clemens-Romanus-Kirche Marklohe, Radebeul 2007.

Das Himmlische Jerusalem zieht sich in Maerklohe über eine stark konkave Gewölbekappe. Ein frontales Foto wie oben vermittelt nur unzureichend einen Eindruck der Stadtarchitektur links und rechts. Ich füge daher noch zwei Aufnahmen hinzu, bei denen die Kamera direkt die linke, dann die rechte Seite einfängt:

 

tags: NRW, Graf, Spätmittelalter, Einhorn
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