José de Ribera (1591-1652): Ölmalereien der Maria Immaculata (um 1630, 1635, um 1640, 1647)
Sevilla in Andalusien war vermutlich die Metropole der Darstellungen der Maria Immaculata, die in ihrer Gesamtheit noch nicht vollständig erfasst, geschweige denn erforscht sind. Eine solche weniger bekannte Darstellung ist im Besitz der Kirche San Juan de la Palma. Das Ölgemälde befindet sich in einem schlechten Zustand, Teile der obersten Farbschicht haben sich bereits vollständig gelöst. Das Werk ist zwar weder datiert noch signiert, doch es wurde in der jüngeren Forschung José (bzw. Giuseppe) de Ribera (1591-1652) zugewiesen, der aus Spanien stammt und später in Italien arbeitete. Es könnte um 1630, dem Höhepunkt des Schaffens Riberas, entstanden sein. Der Aufbau ist typisch für Immaculata-Präsentationen: Eine übergroße Marienfigur ist von Wolken umgeben, zwischen denen Engel mit den entsprechenden Symbolen erscheinen. Die Himmelspforte, hier im geschlossenen Zustand, erscheint auf dem Ölgemälde auf der linken Seite, direkt auf einer hell leuchtenden Wolke unter den Köpfen zweier Putti. Über den Köpfen erscheint jedoch weitere Architektur. Entweder geht die Pforte durch die Engelsfiguren hindurch und findet über ihnen ihren Abschluss, oder es wird hier ein weiteres, nicht erkennbares Mariensymbol gezeigt?
Alfonso E. Perez Sánchez, Nicola Spinosa: Jusepe de Ribera 1591-1652, New York 1992.
José de Ribera: Bajo el signo de Caravaggio (1613-1633), Valencia 2005.
José de Ribera war ein Meister des spanischen Barock, der Lichteinfälle, Spiegelungen, Illusionsmalereien wie optische Täuschungen virtuos beherrschte. Das bewies er 1635 auf einem gewaltigen Ölgemälde der Maße 502 x 329 Zentimeter. Heute hängt diese Malerei in der römisch-katholischen Kirche Agustinas Recoletas in Salamanca. An der rechten Seite ist, kaum sichtbar, eine offene Himmelspforte mit Dreiecksgiebel als Lichtspiegelung gesetzt. Links ist auf dem Ausschnitt noch der Saum des Gewandes Mariens zu sehen, unten ein Engel, der einen Palmzweig vor die Pforte hält. Auch die Civitas Dei wird oft übersehen: Sie befindet sich links unten, gewöhnlich von Kerzen und Blumen verdeckt. Dargestellt ist sie als Hafenstadt, mit hohen abweisenden Mauern, teilweise verdeckt vom rötlichen Gewand eines Engels.
José Luis Morales y Marín: La pintura en el barroco, Madrid 1998.
„La Inmaculada Concepción“ ist ein weiteres Ölgemälde des spanisch-italienischen Meisters. Das Bild hat eine Gesamtgröße von 220 x 160 Zentimeter und zählt damit ebenfalls zu den größeren Immaculata-Darstellungen. Es wurde für einen Adeligen oder einen Geistlichen im Umkreis des spanischen Königshauses in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts angefertigt. Da der Meister Ribera 1635 und 1647 ähnliche Arbeiten ausgeführt hat, können wir das Entstehungsdatum weiter auf etwa 1640 eingrenzen. Anstatt der Pforte vertritt hier die Civitas Dei das Neue Jerusalem – Ribera folgt bei dieser Darstellung seinen Kollegen Francisco de Herrera el Viejo und Juan Pantoja de la Cruz. Ganz rechts, wo Malereien aus Öl oftmals abdunkeln, wurde im Hintergrund die Stadt eingefügt. Sie befindet sich an einem Berghang, sie ist ummauert und ein Kuppelbau sticht besonders hervor. Es ist übrigens die einzige Darstellung der Gottesstadt von José de Ribera, die wir heute kennen. Nur der Zusammenhang mit den anderen Symbolen weist diese Stadt als Himmlisches Jerusalem aus, es fehlen beispielsweise Engel, die zwölf Stadttore, Edelsteine, Perlen oder Gold. Somit ist der Ausschnitt eine naturalistische Vedute des 17. Jahrhunderts, die allein durch den Kontext zur Gottesstadt wird.
Das Gemälde, von Firnis überzogen, befindet sich heute im Depot des Museums Prado in Madrid und war ausnahmsweise einmal auf der Ribera-Ausstellung in San Sebastian 1993 öffentlich ausgestellt.
Xavier de Salas: Museo del Prado. Catálogo de las pinturas, Madrid 1972.
Nicola Spinosa: Ribera. La obra completa, Madrid 2008.
José de Ribera (1591-1652) schuf 1647 seine letzte Maria Immaculata in Öl, die zu dem Alterswerk des Meisters gehört. Die Malerei ist 258 x 177 Zentimeter groß und befindet sich ebenfalls im Prado (Madrid), dort allerdings ebenfalls nicht in der Dauerausstellung. Der Ausschnitt belegt, wie der Meister bis zuletzt innovativ experimentierte: Die Pforte hat nun zwei Treppenzugänge, sie ähnelt einen antiken Tempel, ist aber im hellen Licht nur schwer auszumachen. Es ist eine einzigartige Darstellungsweise, ohne Vorbild und, soweit bekannt, ohne Nachbilder oder Kopien.