Im Jahr 1973 wurde in Herne (nördliches Ruhrgebiet) die neogotische römisch-katholische Kirche Sankt Bonifatius mutwillig wegen angeblicher „Bodensenkungen“ abgerissen. Nur der Turm blieb wie ein italienischer Campanile erhalten, an den man einen Betonklotz im Stil des menschenverachtenden Brutalismus setzte. Dafür trug der Priester Theodor Villis (1913-2009) die Verantwortung, finanziert wurde es mit Mitteln aus der Kirchensteuer, selbstverständlich mit üppigen staatlichen Zuschüssen. Auch im Inneren war der Sakralbau zunächst eine einzige Katastrophe, der Altarbereich mit einer Kreuzblume „geschmückt“. Nach einigen Jahren beauftragte man die Ordensschwester Erentrud Trost (1923-2004) aus Varensell mit einer Neugestaltung des kalten und kahlen Innenraumes. Unter den schwierigen Bedingungen ist ihr ein Meisterwerk gelungen. Trost hatte bereits damals Erfahrung mit dem behutsamen Einfügen von Kunstwerken in problematischem Bestand. Der Kirchenraum lebt von ihrem im Jahr 1978 geschaffenen Mosaikfries.
Unter dem Motiv „Gottes Geschichte mit den Menschen“ werden Szenen aus dem Alten und Neuen Testament sowie aus dem Leben des Heiligen Bonifatius dargestellt. Im Altarbereich ist Christus als Weltenherrscher zu sehen. An den vier Seiten wurden jeweils drei Tore des Himmlischen Jerusalem gesetzt, als Blockbauten mit Satteldach und vergoldetem Eingang und tiefroten Trägern (oder offenen Türflügeln). Im oberen Bereich sind die Tore eng um Christus auf dem Regenbogen gesetzt. Allein die drei letzten unteren Tore sind etwas tiefer nach unten gesetzt und durch den vorgeschobenen Altar teilweise verdeckt.
Nach der Vernichtung des Mosaiks in Westerholt-Bertlich (1964) ist dies die letzte verbliebene Darstellung des Neuen Jerusalems seitens der Künstlerin in Stein.
Hans-Walter Stork: Katholische Pfarrkirche St. Bonifatius Herne, Lindenberg 1997.
Claus Bernet: Mosaike, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 33).