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Richard Seewald (1889-1976): Entwurfszeichnung (1965) und Glasmalerei aus St. Michael in Iserlohn (1968)

Von dem 1929 zum Katholizismus konvertierten Künstler Richard Seewald (1889-1976) gingen bei einem Brand der römisch-katholischen Herz-Jesu-Kirche in München ein Glasfenster und auch ein Wandfresko mit dem Neuen Jerusalem verloren. Bezüglich des Themas Himmlisches Jerusalem ist dies der größte ungewollte Verlust seit 1945. Glücklicherweise hat sich in einem Kunstdruck ein anderes Werk von Seewald erhalten, das ganz ähnlich wie die Münchner Bildwerke ausgesehen hat. Es erschien unter dem Obertitel „Bilder zur Bibel“ (1965) in Form eines unpaginierten Kalenders im Christophorus-Verlag in Freiburg. Das betreffende Kunstwerk ist in dem Band „Neues Testament“ die zwölfte, letzte Abbildung.
Jerusalem ist detailreich dargestellt, mit kräftigen Stadtmauern und Zinnen, die zahllose Menschen schützen, von denen noch weitere hinzu strömen. Darunter befinden sich im Vordergrund auch zwei Könige auf Pferden, die hier die Völker anführen, welche Kostbarkeiten in die Stadt tragen (Apok. Kap. 21, Vers 26). Diese Könige wurden bei der Glasmalerei weggelassen, aber ansonsten sind sich die gezeichnete Vorlage und die spätere Ausführung in Glas ähnlich: Man sieht vorne drei große Rundbogentore. Obwohl die Mauern hoch sind, erlaubt uns der Künstler einen Blick in das Innere. Dort fallen vor allem niedrige längliche Bauten auf, die bei der Glasmalerei lilafarbene Dächer haben. Im Entwurf ist der Lebensbaum noch etwas kleiner, hat aber bereits seine zentrale Position in der Stadt. Schaut man sich die Vorlage genau an, kann man bereits zwölf Früchte abzählen. Im Entwurf findet man in der Stadt, aber auch in den Toren, zahlreiche schwarze Punkte. Ich interpretiere sie als gerettete Menschen, die die Stadt bewohnen. Diese wurden bei der Glasmalerei weggelassen. Dafür beleben die Szene nun zwei Engel über der Stadt, welche wiederum in der Zeichnung noch nicht vorhanden sind.

Richard Seewald: Neues Testament, Freiburg 1965 (Bilder zur Bibel, 2, 3).
Kleine Bilderbibel. Bilder von Richard Seewald, Freiburg i.B. 1968.
Richard Seewald Kunst für die Kirche. Fenster, Textilkunst, die Bibelbilder, Entwürfe zu Wandmalereien und Mosaiken, der „Orbis Pictus“, Grafiken, Bücher. Ausstellung im Kardinal Wendel Haus München vom 23. Nov. 1974 bis 31. Jan. 1975, München 1974.

 

Möchte man heute ein ähnliches Glasfenster mit dem Motiv des Künstlers bewundern, hat man dennoch die Möglichkeit dazu. Seewald entwarf parallel zu dem Münchner Fenster 1968 ein hohes Glasfenster, welches unten die wunderbare Brotvermehrung, im Mittelteil den Engel am leeren Grab, darüber die Geistsendung und das Lamm im Himmlischen Jerusalem zeigt. Es steht auf einem Altar, unter dem das Wasser des Lebens ausströmt (vgl. das Fenster von Helmut Lang in Niederembt). Rechts steht der Lebensbaum, hier mit gelben Früchten. Umschlossen sind diese Motive von einer Stadtmauer, die zum Betrachter hin offen ist. Man findet diese Arbeit aus Antikglas, Blei und Schwarzlot rechts vom Altar der römisch-katholischen Kirche St. Michael in Gerlingsen bei Iserlohn (Sauerland).

 

 

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tags: Illustration, Lebensbaum, Sauerland, Kalender
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