Karl Engler (1874-1923) ist der Verfasser des Buches „Das himmlische Jerusalem und die neue Erde“, eines missionarischen Werkes über die Ereignisse der Endzeit. Es lag nahe, bei diesem Titel das Himmlische Jerusalem auf das Buchcover zu bringen. In expressionistischer Ausdruckskraft schieben sich zahlreiche Bauten pyramidal nach oben. An der Basis scheint die Stadtagglomeration von einer mittelalterlich anmutenden Mauer umzogen zu sein, man erkennt fünf Tore. Diese, wie auch die Mauer, sind mit Zinnen versehen. Das Gebilde schwebt auf gigantischen Wolken, die sich mehrfach zerteilen, um drei Wegen in Form breiter Bahnen nach unten Platz zu machen. Trotz der Mittelalter-Anklänge ist es eine in der Ausführung moderne Arbeit, die nichts mehr mit dem Historismus gemein hat. Ihre Modernität zeigt sich in der Ähnlichkeit mit einem Wandbild in Nürnberg, welches erst 1987 ausgeführt wurde, dann endgültig ohne Mittelalter-Reminiszenzen.
Es ist nicht bekannt, wer diese Illustration geschaffen hat, möglicherweise Engler selbst, vielleicht jemand aus seinem Freundeskreis der Freien Evangelischen Gemeinde. Man findet die gerötete Tintenzeichnung als Coverbild der zweiten Auflage von 1926, die in Neumünster bei der Vereinsbuchhandlung G. Ihloff & Co. erschienen ist. Zu diesem Zeitpunkt war Engler gerade verstorben, der Band war sicherlich auch eine Hommage an den beliebten Prediger und Mitbegründer der evangelischen Allianz-Mission (Bund Freier evangelischer Gemeinden in Deutschland). Engler zählte dort, mit vielen anderen Christen meist aus der freikirchlichen Fraktion, zu denjenigen, die nach dem verlorenen Weltkrieg den Gläubigen wieder Hoffnung und Zuversicht geben wollten, indem sie auf das Nichtmaterielle und Jenseitige verwiesen und das Leiden und das Elend spirituell zu veredeln suchten.
Karl Engler: Das himmlische Jerusalem und die neue Erde, Neumünster (1920). Neumünster 1926 (2).
Konrad Bussemer: Karl Engler. Lehrer und Missions-Inspektor, 1874-1923. Zur Erinnerung an einen Begnadigten, Barmen 1925.